Das Problem Moppelpferd

Grasen, bis der Bauch wächst – das Problem Moppelpferd 

Wenn man die Kreuzgurte der Fliegendecke, die letztes Jahr noch um den Bauch des Pferdes passten, um einige Zentimeter verlängern muss, lässt das nur den Schluss zu, dass das Pferd zugenommen hat!

 Moppeldick

Das Phänomen ist aber gerade im Moment weit verbreitet, denn das Hochleistungsgras auf den Wiesen und der permanente Zugang zum Grünfutter, lassen die Pferdebäuche wachsen. Dazu kommt, dass wir ja manchmal auch ganz froh sind, wenn man den lieben Vierhufer auf der Dauerweide weiß. Schließlich läuft er den ganzen Tag und die ganze Nacht frei auf der Koppel – ganz wie die Natur es vorgesehen hat. Entbindet uns das nicht von der Pflicht, für seine ausreichende Bewegung zu sorgen?

Schön wär´s.

Zwar ist der Pferdemagen tatsächlich dafür ausgelegt, zwei Drittel des Tages mit Fressen zu verbringen, aber die natürliche Pferdenahrung wäre eigentlich mageres Steppengras – das ist, im Gegensatz zum üblichen Bewuchs auf unseren Weiden, sehr nährstoffarm. Um satt zu werden, müssen es Wildpferde in relativ großen Mengen und damit permanent – bis auf wenige Fresspausen – zu sich nehmen. Außerdem wächst es nicht immer in großen Mengen direkt vor der Pferdenase, wo es bequem erreicht und abgefressen werden kann. Darum legen grasende Wildpferde in der Schrittbewegung, während der täglichen Futteraufnahme, eine Strecke von 30 bis 40 Kilometern pro Tag zurück – unsere domestizierten Pferde finden die üppige Nahrung vor ihren Hufen und wandern durchschnittlich 6 bis 11 Kilometer innerhalb von 16 Stunden Fresszeit.

Unsere Pferde bewegen sich weniger und grasen überdies auf Weiden, die ursprünglich für Hochleistungsrinder angelegt wurden. Die benötigen extrem energiereiches Futter, um genügend Fleisch anzusetzen, besonders fruchtbar zu sein und eine extreme Milchleistung zu erbringen.

Übermäßig gehaltvolle Nahrung bedeutet nicht, dass das Pferd schneller satt ist und weniger frisst. Im Gegenteil: Das Hochleistungsgras enthält zu wenig sättigende Rohfasern. Das Pferd folgt also seinem Instinkt, dauernd zu fressen, verfettet dadurch, weil das Gras zu gehaltvoll ist und ist dennoch hungrig, weil die Rohfaser fehlt, um ein Sättigungsgefühl zu erzeugen.

Mattes Moppelchen – Muntermacher Müsli?

Damit beginnt ein Teufelskreis, denn das Moppelpferd wird meist auch träger. Seine Bewegungslust und seine Leistungsbereitschaft sinkt. Es wird aber nicht nur auf der Weide zunehmend inaktiver, sondern auch unter dem Sattel geht ihm schnell die Puste aus. Dazu kommt, dass die Speckschicht den Körper isoliert und verhindert, dass Wärme abgegeben wird. Um die Verdunstungskühle zu nutzen, müssen dicke Pferde bei sportlicher Anstrengung stärker schwitzen. Das bringt den Wasser- und Elektrolythaushalt aus dem Gleichgewicht.

Das Pferd wirkt matt und unmotiviert.

Und was macht der besorgte Pferdebesitzer? Er füttert energiereiches Kraftfutter dazu, damit sein vierhufiger Liebling wieder munterer wird. Das Pferd enthält ein hohes Maß an überschüssiger Energie, die vom Organismus nicht verbrannt werden kann – sie wird in Fett umgewandelt, in den Fettzellen gelagert und landet zusätzlich in den Speckpolstern. Besonders melassierte Müslis werden durch ihren hohen Stärkeanteil zu Dickmachern – selbst wenn es sich um Diätmüslis handelt. Diät bedeutet bei den meisten Müslisorten im Übrigen auch meist nur, dass sie eiweißreduziert sind. Kohlehydrate aus stark zuckerhaltiger Melasse findet man trotzdem darin, weil das Futter dadurch eine bessere Akzeptanz erhält und was dem Pferd gut schmeckt, das kauft der Pferdebesitzer auch gerne wieder.

Wer nun auch noch bei Nachts aufgestallten Pferden die Heuration kürzt, damit die Kalorien aus dem tagsüber aufgenommenen Weidegras und dem übermäßigen Kraftfutter wieder eingespart werden, der begeht den nächsten Fehler und schickt sein Pferd endgültig auf den Weg zum Moppelhüh, denn ein befriedigendes Sättigungsgefühl entsteht nur durch Raufutter. Das füllt den Verdauungstrakt und beschäftigt das Pferd auch seiner Art entsprechend lange mit der Futteraufnahme.

Als Faustregel gilt:

Ein Kilogramm Heu auf 100 Kilogramm Lebendgewicht pro Tag ein 500 Kilogramm schweres Warmblut sollte also mindestens 5 kg Heu bekommen.

Vielfach beobachtet man im Rahmen einer artgerechten Pferdehaltung, dass das Heu unbegrenzt zur Verfügung steht. Grundsätzlich ist es sicher richtig und der Gesundheit von Magen und Darm förderlich, wenn das Pferd sich ad libidum am Heu bedienen kann. Bei Pferden, die abnehmen sollten, ist eine Rationierung der

Heumenge aber unumgänglich. Nun bleibt an dieser Stelle die Frage zu beantworten, ob man die Faustregel für den Heubedarf des Pferdes ignorieren darf und weniger Heu füttern sollte, als das eine Kilo Heu auf 100 kg Lebendgewicht.

Das Problem bei reduzierter Heufütterung kann dann entstehen, wenn das Pferd seinen Raufutterbedarf dann aus der Stroheinstreu deckt – die Folge kann eine Verstopfungskolik sein. Wer die Heuration im Rahmen einer Diät kürzt, muss sein Pferd konsequenter Weise auch auf Späne stellen. Man kann übergangsweise auch einen Teil des Raufutterbedarfs aus hochwertigem Futterstroh decken, das kaum Energie, aber einen hohen Sättigungswert hat.

Die verbleibende Menge Heu sollte aber auf keinen Fall in einer Ration gefüttert werden, denn damit ist den Ansprüchen vom Verdauungssystem des Pferdes nicht Genüge getan, das auf permanente Futteraufnahme programmiert ist. Frisst das Moppelchen sein Heu auf und sein Magen bleibt danach stundenlang untätig, können im schlimmsten Fall Magengeschwüre die Folge sein. Mehr als drei Stunden sollten nie zwischen den Fütterungen liegen. Das bedeutet, dass die Heumenge für die Nacht zwar zwei Rationen abdecken sollte, aber dass sie so gereicht werden muss, dass das Pferd mit der Menge Heu auch die nächsten sechs Stunden beschäftigt sein wird.

Ein engmaschiges Heunetz kann die Lösung sein. Zu beachten ist aber, dass es hoch genug aufgehängt werden muss, denn je weniger Inhalt im Netz zurückbleibt, desto näher senkt es sich zum Boden hin – es wird quasi länger. Ein nach Futter scharrendes Pferd kann mit dem Huf hineingeraten und sich beim Versuch, sich zu befreien, eine Sehnenzerrung zuziehen. Eine besondere Gefahr stellen auch die Schenkel der Hufeisen dar: Das Heunetz kann sich darunter verklemmen und das Eisen könnte im besten Fall abgerissen werden … im schlimmsten Fall bleibt ein Teil der Hufwand am Eisen. Ein sogenannter Heuigel ist die sicherere Variante, damit das Pferd länger beschäftigt ist und langsamer frisst. Es handelt sich dabei um einen Plastikzylinder mit Löchern, aus denen die Pferde das Heu nur allmählich knabbern können.

Grüner Dickmacher: Hochleistungsgras für Rinder


Neben dem Kraftfutter gilt aber vor allem die Weide als Dickmacher. Den Beweis dafür kennen wir alle: Im Sommer, wenn die Pferde auf einer Dauerweide (7 Tage/ 24 Stunden) stehen, entstehen die dicken Weidebäuche, die uns dann zur Verzweiflung treiben, wenn wir den Sattelgurt, den wir im Frühling doch noch bequem ins dritte Loch der Gurtstrippe einschnallen konnten, nur noch mit Mühe ins erste Loch zerren können.

Darf unser Moppelchen sich nun also nur noch im Sandpaddock frei bewegen?

Ist die Weide tabu, wenn das Pferd abnehmen soll?

Ganz so drastisch muss man ganz sicher nicht eingreifen, denn dem Pferd den Zugang zum natürlichsten Futter und zur artgerechtesten Lebensweise zu verwehren, ist in der Phase der Prophylaxe noch nicht nötig.

Wer seine eigenen oder gepachtete Grünflächen bewirtschaftet, kann beispielsweise seine Weide durch überlegte Düngung und Nachsaat mit für Pferde besonders geeignete Grassorten in Magerweiden verwandeln. Wer nicht selbst das Wissen eines Landwirtes hat, kann sich dabei von Fachleuten, beispielsweise den Mitarbeitern einer Landwirtschaftskammer beraten lassen.

Wer das Weidemanagement nicht selbst übernehmen kann, muss leider bei Koppeln mit energiereichem Leistungsgras für Rinder damit rechnen, dass der kräftige Überschuss an Eiweiß und Kohlehydraten beim Pferd in Fett umgewandelt würde.

In diesem Fall hilft also nur der reduzierte, stundenweise Weidegang, der mit dem Aufenthalt auf einem Sandpaddock abwechselt oder die Portionierung der Weide. Der Zeitaufwand ist natürlich größer. Überdies erfordert die Portionierung der Weide eine Investition in einen mobilen Zaun. Er trennt die kleine Fläche, die dem Moppel zur Verfügung stehen soll ab und wird weiter gesteckt, sobald das Gras dort abgefressen ist. Leider birgt dieses System noch mehr Nachteile, denn die zu Anfang noch üppig bewachsenen Parzellen bieten viel Grünfutter für dicke Pferde und müssen darum sehr klein gehalten werden. Die Herdenhaltung ist damit nahezu unmöglich: Die Pferde hätten keinen Platz mehr, sich auszuweichen. Weideverletzungen könnten die Folge sein. Nicht zu vergessen ist auch, dass der Reiz, sich zu bewegen, auf kleinen Flächen deutlich abnimmt – und das ist für das Abspecken wieder kontraproduktiv.

Dazu kommt, dass mobile Zaunsysteme verstärkte Eckpfosten brauchen, damit der Zaun stabil ist – die müssen zusätzlich gesetzt werden. Eine Garantie, dass das hungrige Pferd, welches durchaus sieht, dass das Gras auf der anderen Seite der Litze höher und grüner ist, die Abtrennung nicht ignoriert, gibt es auch nicht. Gerade Ponys mit dicker Mähne können eine erstaunliche Fertigkeit darin entwickeln, die stromführende Litze hochzuheben, um darunter durch zu flitzen.

Der viel gegebene Rat, adipöse Pferde auf abgefressene oder abgemähte Grasflächen zu stellen, ist auch nur bedingt gut. Insbesondere bereits abgemähte Wiesen und sehr kurz gefressene Grasbestände zeichnen sich durch eine geringere Blattmasse aus und weisen darum sogar eine höhere Konzentration an Fructan auf, als blattreiche Aufwüchse, weil Fructane als Reservekohlenhydrate vornehmlich im Stängel und in der Halmbasis gespeichert werden. Das kurze „gestresste“ Gras ist also besonders fructanreich und damit eine Gefahr für Pferde oder Ponys, die eine Disposition für Hufrehe haben – und die haben dicke Pferde und Ponys eigentlich alle.

Moppel oder Muskelprotz?


Zu beachten ist jedoch, dass ein dicker Bauch nicht unbedingt ein Zeichen für Übergewicht ist. Gerade stark verwurmte Pferde haben oft einen aufgetriebenen Blähbauch, unter dessen Fell deutlich die Rippen hervorstechen. Auch Pferde, die große Mengen Raufutter aufnehmen, haben oft kurzfristig einen dicken Kugelbauch, weil ihr Darm sehr voll ist. Sobald der Inhalt verdaut ist, normalisiert sich der Bauchumfang wieder. Allerdings ist auch der sogenannte „Stroh- oder Heubauch“ nicht ganz unbedenklich, denn die Verdauung des sehr ballaststoffreichen Strohs ist in zu großen Mengen belastend und kann zu Verstopfungskoliken führen.

Im Bezug auf die Gesundheit des Verdauungssystems stellt der „Weidebauch“ erst einmal keine Gefahr dar, auch wenn die Ursache sehr ähnlich ist, wie die vom Heu- oder Strohbauch: Der Magen-Darm-Trakt ebenfalls sehr voll und der Bauch wirkt von außen dick – sobald der Inhalt verdaut ist, nimmt er wieder einen normalen Umfang an. Gras ist jedoch leichter verdaulich als Stroh. Trotzdem ist das Gewicht, das die Pferde mit sich herumtragen, nicht ganz unbedenklich, denn ein durchschnittlich großes und schweres Warmblutpferd nimmt, je nach der Intensität des Bewuchses der Wiese, ab einer Länge der Grashalme von ca. 10 cm, innerhalb von einer Stunde rund 5 bis 8 Kilogramm Gras auf und damit gerät schon bei vier Stunden Weidezeit eine Menge an Grünfutter in seinen Verdauungstrakt. Das Gewicht lastet natürlich ebenfalls auf den Gelenken. Wenn ein Pferd schon übergewichtig ist, wirken diese rund 30 Kilo zusätzlich als Ballast.

Ab wann ist ein Pferd aber nun zu dick?


Vergleicht man beispielsweise Dressurpferde mit Renn- oder Distanz-, respektive Vielseitigkeitspferden, dann fällt zum einen auf, dass Dressurreiter ihre Pferde eher etwas üppiger bevorzugen, während im Distanzsport, im Busch und auf der Rennbahn, wo es auf Geschwindigkeit und Ausdauer ankommt, die schlanke Linie zählt. Bei den Galoppern gilt sogar, dass ein Kilogramm zuviel auf 100 Metern eine Pferdelänge Verlust bedeutet. Inzwischen haben übrigens auch die Springreiter erkannt, dass jedes zusätzliche Kilo mit über die Stangen getragen werden muss – das ist nicht nur anstrengend und die Pferde können weniger leisten, sondern überdies belastet das Zuviel an Gewicht die Gelenke bei der Landung zusätzlich.

Die Tänzer im Dressurviereck wünscht man sich aber imposant und mit möglichst viel Halskamm. Die Oberhalslinie wächst natürlich auch mit dem entsprechenden Training und eine starke Bemuskelung lässt ein Pferd selbstverständlich auch runder wirken. Dass also ein Dressurpferd nicht unbedingt fettleibig ist, nur weil es optisch nicht so schlank wirkt, wie ein englisches Vollblut im Rennsport, liegt vor allem daran, dass sie eher mit Kraftsportlern verglichen werden können, während der Galopper eher ein Ausdauersportler ist – die Muskulatur ist eine andere. Aber auch das Exterieur des Vollblutpferdes unterscheidet sich vom Gebäude des Warmblüters: Rennpferde sind meist hochbeiniger, verfügen über mehr „Wind unter dem Bauch“ und haben eine schlankere Silhouette.

Im Fokus der Diskussion, wann ein Pferd muskulös und wann es adipös ist, stehen aber auch immer wieder die Barockpferde, wie zum Beispiel die spanischen Pferde. Sie sind kurz im Rücken und im Hals, kurz und rund in der Kruppenformation und verfügen durch ihren hohen Halsaufsatz bereits über viel Aufrichtung – dadurch wirken sie schnell moppelig, auch wenn sie lediglich muskulös sind.

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Leider sind sie aber tatsächlich auch sehr leichtfuttrig. Ein üppiger Grasbewuchs auf der Koppel führt bei vielen Spaniern rasch zu Übergewicht. Meist brauchen diese Pferde nicht einmal Kraftfutter, sondern nur Heu und Mineralstoffe, um ihr Idealgewicht zu halten. Weil die Hengste dieser Rasse aber aufgrund ihres meist ausgeprägt guten Sozialverhaltens häufig unkastriert bleiben, liefert auch der kräftige Halskamm nicht unbedingt den Hinweis auf eine zu gehaltvolle Fütterung – hier wirkt eher reines Testosteron.

Es ist also gar nicht so leicht, den Futterzustand eines Pferdes zu beurteilen, nachdem der rasse- und geschlechtstypische Körperbau so unterschiedlich sein kann.

Sieht man beispielsweise bei einem englischen Vollblut in Rennkondition die Rippen, ist es nicht mager, sondern im optimalen Trainings- und Futterzustand. Hat ein Kaltblüter einen „Brötchenhintern“ mit gespaltener Kruppe, dann entspricht er dem Zuchtziel.

Dennoch gibt es einige Richtlinien, die unter Berücksichtigung rasse – und geschlechtstypischer Besonderheiten für alle Pferde gelten:

Das Kammfett sollte den Hals weder massiv nach oben verdicken, noch darf es seitlich heraustragen.

Während die Halswirbel fühlbar sein müssen, gilt das nicht für die Dornfortsätze am Widerrist – die sollten nicht einzeln erkennbar sein.

Der Hüfthöcker darf kaum, der Sitzbeinhöcker überhaupt nicht sichtbar sein.

Dornfortsätze der Wirbelsäule sollten so in die Rückenmuskulatur eingebettet sein, dass sie auf der gleichen Höhe liegen – weder sollten sie in Fettwülsten versinken, noch sollte die Wirbelsäule hervorstehen, sodass der Rücken wie ein „Dach“ aussieht.

Geringfügige Fettpolster hinter der Schulter und rund um den Schweifansatz sind unbedenklich.

Die Innenseiten der Oberschenkel dürfen sich nicht berühren.

Die Rippen sollten sich unter dem Fell nicht sichtbar abzeichnen, aber wenn man darüber streicht, sollten sie ohne, dass man drücken muss, fühlbar sein.

Der Speck muss weg!


Pferde auf Diät zu setzen, ist nicht ganz einfach, denn ihr Verdauungssystem ist auf ständige Futterzufuhr ausgelegt und reagiert empfindlich auf plötzlichen Futterentzug. Bekommen Magen und Darm nicht mindestens alle drei Stunden etwas zu tun, können Koliken oder sogar Magengeschwüre die Folge sein.

Um keine gesundheitsgefährdenten Risiken beim Abnehmen einzugehen, sollte die Reduktion des Futters wohlüberlegt und nur in Maßen erfolgen. Idealerweise sollte zuerst das Kraftfutter allmählich verringert werden. Je nach Anforderung, die an das Pferd gestellt werden, ist zu überlegen, ob es überhaupt Kraftfutter braucht oder ob ein sehr hochwertiges Heu und ein naturnahes Mineralfutter seinen Energiebedarf decken. Eine Fütterungsanalyse kann bei diesem Entscheid wertvolle Hinweise liefern.

Wie schwer es natürlich ist, wenn man seinem Liebling zu den Fütterungszeiten nichts in den Trog geben darf, weiß ich aus eigener Erfahrung – mein „Moppelhüh“ bekommt abends auch nur die Alibi-Handvoll Hafer, in die ich seine „Abnehmkräuter“ mische. Morgens erhält er Obst oder Gemüse – also zwei oder drei Möhren, Äpfel, Birnen oder auch mal eine halbe Banane. Wer ganz auf Getreide verzichten möchte oder verzichten kann, der darf seinem Diätkandidaten auch eine kleine Portion eingeweichte Heucobs füttern. Mais oder Gerste enthalten hingegen relativ viel Energie. Wer aufgrund eines regelmäßigen Trainings nicht auf Getreide verzichten kann, sollte also besser auf Hafer umsteigen.

Bei übergewichtigen Sportpferden kann natürlich die Motivation und die Leistungsfähigkeit leiden, wenn man sie nur mit Heu und einem naturnahen Mineralfutter ernährt. Aus meiner Erfahrung möchte ich aber unbedingt zu einer Rationsberechnung raten, bevor Pülverchen und Mittelchen gegeben werden, die man auch nicht nach den Motto: „Nützen sie nichts – schaden sie wenigstens auch nicht“ geben sollte. Auch Diätmüslis sind vielfach Augenwischerei. Einige Sorten enthalten trotzdem 20 % Stärke und 8 % Zucker, also die klassischen Dickmacher – hier wird lediglich der Proteingehalt reduziert. Der Organismus von Sportpferden benötigt aber Eiweiß zum Aufbau und Erhalt der Muskulatur und insofern ist man besser beraten, wenn man die Futterration berechnet, auf Fertigfutter verzichtet und die Nahrung des Pferdes selbst zusammenstellt.

Ich bin als Tierheilpraktikerin auch kein Freund von Kräutermüslis, die meist synthetisch hergestellte ätherische Öle enthalten, damit sie nach „Kräutern“ duften. Wer jedoch nachrechnet, wie viel Kräuter wirklich enthalten sein könnten, wird zum Fazit kommen, dass es zu wenig sein werden, um zu wirken. Außerdem sollten Kräuter nur kurmässig verabreicht werden und nicht dauerhaft mit dem Kraftfutter in den Trog wandern.

Insofern füttere ich meinem Moppelhüh ca. 6 Kilogramm Heu von sehr hoher Qualität und zu den Fütterungszeiten bekommt er etwas Obst oder Gemüse in den Trog, damit er nicht futterneidisch oder frustriert wird, wenn der Boxennachbar seine Portion genießt. Abends bekommt er eine Handvoll Hafer – ca. 250 g.

Tagsüber steht er auf einer sehr mageren Weide und natürlich lieferte er die Inspiration zu einer Kräutermischung. Mein Moppelhüh ist da nun kein Maß der Dinge, denn er ist nicht wählerisch und frisst die Kräutermischung sogar ohne Beigaben wie Hafer oder eingeweichte Heucobs. Aber der leicht zitronige Geruch der geringen Menge Ingwer kann bei mäkeligen Pferden als störend empfunden werden. Grundsätzlich finde ich – und mein Moppelhüh – dass der Duft der Pfefferminze das Aroma des Ingwers überdeckt. Ein wenig Apfelmus kann aber für bessere Akzeptanz sorgen.

Im Prinzip ist Bewegung sogar gerade beim Abnehmen unerlässlich. Gemütliche Schrittausritte sind aber leider – so entspannend und wichtig sie zwischendurch auch sind – der Reduktion der Kilos wenig förderlich. Die Übergänge zwischen Trab und Galopp, Tempowechsel durch Zulegen und Versammeln oder eine etwas längere Galoppstrecke fördern hingegen die Fettverbrennung und den Muskelaufbau. Stangenarbeit sorgt für Abwechslung. Allerdings muss das Training auch der Kondition des Pferdes angepasst werden, denn nach Monaten des dolce far niente mit dem untrainierten Moppelchen einen dreistündigen Ausritt anzustreben und es über kilometerlange Galoppstrecken zu jagen, wäre nicht nur kontraproduktiv, sondern überdies gesundheitsgefährdend. Eine plötzliche Überforderung kann zu einem Kreuzverschlag oder zur Hyperlipidämie führen. Darum gilt: Der langsame Aufbau des Pensums und kurze, intensive Intervalle, die vom Schrittreiten, vom entspannenden Zügel aus der Hand kauen lassen oder vorwärts-abwärts Reiten abgelöst werden, machen das Pferd fit, bauen stetig mehr Kondition und Muskeln auf und sorgen dafür, das die Fettpolster schwinden.

Ich wünsche Euch einen erfolgreichen Kampf gegen die Kilos!

Eure  Sabine Bröckel – Tierheilpraktikerin

Hinweis

Dieser Text beruht auf eigenen Erfahrungen und Fachliteratur. Ein Heil- oder sonstiges Versprechen ist daraus nicht abzuleiten.

Für die korrekte Anwendung, Dosierung und Fütterung kann ich keine Haftung übernehmen. Jeder Tierhalter ist für seine Tiere, jede Tierhalterin für ihre Tiere, selbst verantwortlich. Stets sollte der Tierarzt/Tierärztin oder Tierheilpraktiker/in Eures Vertrauens bei einer Ernährungsumstellung zu Rate gezogen werden, denn jedes Tier verhält sich anders und reagiert möglicherweise unterschiedlich auf bestimmte Inhaltstoffe.

© Copyright Sabine Bröckel / Tierheilpraktikerin, Autorin und Besamungswartin

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