RTL – Explosiv – Bericht

Fast hätten wir die Reportage über uns nun doch noch verpasst, denn der Bericht wurde auf gestern vorverschoben und wären wir nicht gegen 17 Uhr vom Sender angerufen worden, dann wüssten wir nun gar nicht, was von dem Dreh schlussendlich an Filmmaterial übrig blieb, das nach dem Schnitt Verwendung fand, weil wir – auch wenn es peinlich ist, das nun so zu schreiben, nachdem es eigentlich die Voraussetzung sein sollte, ein Projekt vorher zu kennen, bevor man sich daran beteiligt – in der Regel keine Boulevardmagazine anschauen.

Nicht dass wir uns nicht ein wenig über die Sendung Explosiv Weekend informierten, nachdem wir dem Dreh bei uns zustimmten, aber eben doch mehr theoretisch, als praktisch, indem wir im Internet nachlasen, um was es dabei geht und bei der Regisseurin nachfragten, was man von uns erwartet, welche Zielgruppe die Sendung damit zu erreichen hofft und vor allem was der Bericht schlussendlich aussagen soll, aber das Ergebnis des Drehs wich dann eben doch von unserer Erwartung ab.

Micha formuliere das in etwa so: „Ich weiß nun nicht, ob ich erleichtert sein sollte, weil jedwedes Diskussionspotential entfernt wurde, das wir hätten liefern können, wenn die entsprechenden Szenen gesendet worden wären oder ob ich enttäuscht bin, weil die Reportage so oberflächlich blieb, obwohl wir uns so sehr bemühten, es ihr nicht am nötigen Inhalt fehlen zu lassen.“

Bei mir waren die Gefühle ähnlich gemischt … irgendwie war ich auch ernüchtert. Allerdings schob ich das auch ein wenig darauf, dass wir kurz zuvor so aufgeregt waren, dass dieser Adrenalinschub erst mal einen Höhenflug in Sphären jenseits der Bodenhaftung verursacht hatte, dem ja nun zwingend auch wieder eine Landung auf der Mutter Erde folgen musste, wenn es nicht unser Wünsch war, nun dauerhaft abzuheben … und das war sicher nicht unser Ansinnen, auch wenn ich verschämt zugebe, dass ich mich in dem Moment, als die Moderatorin unsere Namen nannte, schon ein bisschen wie „prominent“ fühlte, denn die Sendung erreicht ja nach Aussage der Regisseurin doch einen Zuschaueranteil von einer Million und der Gedanke, dass nicht nur wir drei uns gerade anschauen, wie wir uns vor der Kamera präsentieren und zuhören, was wir ins Mikro sprechen, sondern 999997 andere Menschen auch, der beflügelte meine Phantasie von Ruhm und Bekanntheit schon ein klitzekleinesbisschen.

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Dabei waren Micha und ich im Vorfeld eigentlich ganz entspannt und auch beim Dreh gab es keine Scheu vor der Kamera oder Berührungsängste mit dem Medium Fernsehen von uns, obwohl wir ja damit ein neues Gebiet betraten und kennen lernten. Auch diese Art Lampenfieber, die manche Menschen vor öffentlichen Auftritten haben, ist mir persönlich eigentlich fremd – vielmehr genoss ich das „Bad in der Menge“ immer, wenn wir uns zum Beispiel mit den Pferden vor Publikum präsentierten. Allerdings galt das vorwiegende Interesse der Zuschauer meiner Ritte dabei auch eher den Vierbeinern unter meinem Sattel, als dass jemand mich nach meinem Namen gefragt hätte und als Statist wird man auch nur selten berühmt, also gab es dabei auch keinen Grund für etwaiges Nervenflattern, wie man es wahrscheinlich kennt, wenn man weiß, dass die Chance, die man gerade bekommt, bekannter zu werden, als man es bislang war, vielleicht einmalig ist.

Wir waren uns der Exklusivität der Möglichkeit nun durchaus auch bewusst, denn allzu oft kommt es ja auch nicht vor, dass wir gebeten werden, ein Interview vor laufender Kamera zu geben und wie meine Mama schon bemerkte, kommt man ins Fernsehen oder in die Bild-Zeitung vor allem dann, wenn man im größeren Maß kriminell ist oder eben so prominent, dass man interessant genug ist für die große Öffentlichkeit … oder vielleicht auch, wenn zu vermuten ist, dass man über genügend Potential verfügt, die Zuschauer der Nation entsprechend zu erheitern, oder zu Tränen zu rühren oder wenn man dazu taugt sich so zum Affen zu machen, dass die Voyeuristen die Einschaltquoten in die Höhe treiben oder den Status eines Freaks zu erreichen, der das Publikum so extrem in zwei Pole spaltet, dass man ihn entweder liebt oder hasst.

Warum wir also ausgewählt wurden, Teil einer Sendung zu werden, die sich Boulevard-Magazin nennt, kann sich jeder selbst aussuchen … einzig Promi-Status scheidet wohl aus … ach ja und kriminelle Energie steckt auch nicht in uns.

Aber meine oder unsere Intention war es eben, als Frutarier unserer Lebensweise den Touch des Abartigen ein wenig nehmen zu können und eine Erklärung abgeben zu dürfen, warum wir neben allen tierischen Produkten auch keine Knollen und Wurzeln von Pflanzen als Möhren oder Kartoffeln essen, damit die Leute vor dem Bildschirm uns nicht als Kuriosität der menschlichen Art kennen lernen, sondern unsere Ideen es ihnen eventuell sogar wert sind, einen Moment lang darüber nachzudenken und dann überdies vielleicht ein bisschen mehr Verständnis für diejenigen aufbringen, die Nahrung nicht gedankenlos in sich hineinstopfen, sondern noch das Tier im Schnitzel erkennen und Milch nicht als Abfallprodukt der Rinderhaltung betrachten, die ja sonst niemand trinken würde, wenn die Molkereien sie nicht bereit wären einzutüten, damit sie der Supermarkt verkaufen kann. Gewiss kann man in sieben Minuten keine Lebensphilosophie beschreiben, für die ich mindestens vier Jahrzehnte meines Lebens brauchte, sie zu erlangen und ein weiteres Jahr, um sie in einem Manuskript niederzuschreiben, um sie dann selbst wirklich zu begreifen, aber ich hoffte, dass die sieben Minuten wenigstens die Frage beantworten, warum es für uns keinen Verzicht bedeutet, wenn wir vollkommen ohne tierische Produkte leben und vor allem die Intention in den Focus gerückt wird, dass es für uns um den Sinn unseres Lebens geht, den wir darin finden, uns in die Richtung zu entwickeln, eine Bereicherung unseres Seins zu erfahren, wenn wir immer achtsamer und respektvoller unseren Mitgeschöpfen gegenüber werden.

… statt dessen wurde nun vor allem das Abartige gezeigt und auch unsere Freunde, die wir zum Frühstück besuchten, vermissten ein paar Szenen, von denen sie gehofft hatten, dass man sie im Bericht findet, wie zum Beispiel die Sequenz, in der unsere Freundin Kerstin erzählte, dass wenn sie nicht wüsste, dass sie bei Frutariern isst, das eigentlich an den Kuchen, Keksen und Speisen, die wir ihr bislang servierten auch nicht unbedingt merken würde, weil ich mich bemühe, unseren Gästen keine Sachen vorzusetzen, deren Inhaltsstoffe für sie ungewöhnlich sind. Zum Beispiel wähle ich für unseren sich omnivor ernährenden Besuch gerne einen mit Streuseln gedeckten Apfelkuchen aus, den ich dann mit Äpfeln, Zucker, Mehl, Backpulver und Margarine zubereite und ganz normal im Ofen backe, damit keiner etwas daraus heraus schmecken muss, was ihm auf der Zunge fremd oder ungewohnt vorkommt, denn mein Anliegen ist es ja vor allem zu zeigen, dass man auch mit tierfreien, aber trotzdem haushaltsüblichen Lebensmitteln lecker vegan essen kann und sich gar nicht unbedingt an Tofu und Taipeh versuchen muss. Ich würde auch niemanden zwingen, etwas zu essen, was ihm zuwider ist, aber Uwe hätte die pikanten Muffins auch ohne Räuchertofu und veganen Käsestückchen nicht gemocht, weil er den darin enthaltenen Spinat nur mit Überwindung größten Widerwillens isst. Hätte ich sie statt dessen mit Tomaten zubereitet, bin ich sicher, dass keine Reste auf dem Teller geblieben wären.

Die Botschaft: „vegan essen ist weniger exotisch, als beim Chinesen zu essen“, wurde aber, indem man Uwe die mit von ihm so ungeliebten Spinat zubereiteten Spinatmuffins vorsetzte, eher nicht zum Publikum transportiert – vielmehr sah es so aus, als würde eben vegane Speisen einem ansonsten omnivor essenden Menschen nicht schmecken können.

Ich weiß nicht, was ich erwartete, aber ich weiß, dass es viel zu viel war und dass ich außer Acht ließ, dass eben sieben Minuten als Zeit nicht reichen können, um eine ganze Lebensphilosophie so zu veranschaulichen, dass sie den Zuschauer nicht langweilt, sondern den einen oder anderen sogar interessiert und in ihm das Verlangen weckt, mehr darüber zu erfahren … aber vermutlich ist das Zielpublikum der Sendung dafür aber auch nicht das Richtige.

Was auch so ein bisschen unterging war, dass wir niemanden unsere Lebensweise aufzwingen und unsere Tochter auch Wurst, Käse und Kartoffelchips isst, ohne dass sie damit unseren Missmut erntet. Die Resonanz, die wir bislang erhielten ging dann aber eben trotzdem auch in die Richtung, dass sich Bekannte meldeten, die signalisierten nun ja auch zu wissen, dass sie sich in Zukunft Tupperdosen mitbringen müssten, wenn sie von uns als Gäste zum Essen eingeladen würden. Dabei findet sich gewiss auch für Leute etwas in unserem Kühlschrank, die Milchprodukte mögen und sich richtige Sahne zum Kuchen wünschen – man hätte das auch sehen können, wenn die entsprechenden Szenen und Interviews nicht rausgeschnitten worden wären, denn ich fand es eigentlich wichtig, dass wir das deutliche Signal setzen, keine Kampf-Frutarier zu sein, die andere missionieren, sondern dass die Achtung und der Respekt des freien Willens aller Mitgeschöpfe für uns nicht bei Tieren und Pflanzen aufhört, sondern auch die Menschen mit einbindet, die anders essen und leben, wie wir das tun.

Trotzdem bin ich der Regisseurin nicht gram, denn vielleicht hat sie wirklich das Beste aus dem Bericht gemacht und so verhindert, dass man uns wegen unserer für viele Menschen nicht nachvollziehbare Lebensphilosophie anfeindet. Bestimmt aber hat sie aus den sieben Minuten keine reißerische Reportage geformt, wie ich das ein wenig befürchtete, sondern sie mit wunderschönen Bildern gefüllt.

So teilen heute auch viele Menschen die Freude über die Bommeline mit uns, die ja viel öfter im Bild zu sehen war, als das ein Bericht über Frutarier erwarten lässt

… allerdings dachte ich mir das schon bei den Dreharbeiten, weil das Team sich sehr intensiv mit ihr beschäftigte und sie sich auch geschickt und charmant ins Zentrum schmuggelte, sodass jeder sie lieben musste. Mit ihrer geballten Bommeline-Offensive spielte sie auch gekonnt die Pferde und die Katzen in den Hintergrund und auch wir verblassten neben ihr zu reinen Statisten, die nur noch den Zweck erfüllten, das Bild noch zusätzlich zum Hund mit ein bisschen Zweibeineranwesenheit zu beleben, als wir die Stallgasse entlang schlenderten und die Bommeline elegant vor uns hertrabte. Dass es dabei ums Hofambiente ging, war wohl weder so wichtig, dass die Szenen als Material für den Papierkorb entsorgt wurden und es kam wohl auch niemand auf die Idee die allzeit präsente Hundedame aus dem Bild zu retouchieren, um den Focus auf das zu lenken, was die Regisseurin in den Mittelpunkt zu rücken gedachte, als der Kameramann die Anweisung bekam, die Umgebung zu filmen.

Jedenfalls war der Bericht bestimmt eine gute Werbung für Leonberger Hunde und das freut mich natürlich auch, denn der einzigen missionarischen Gedanken, den ich in mir trage, der ist wohl der, dass man auch ohne Leonberger leben kann, aber es eben mit ihnen einfach schöner ist.

Ich würde mir jedoch wünschen, dass ich mich nicht für meinen Weg rechtfertigen müsste und ihn nicht ständig zu verteidigen gezwungen wäre, genauso wie ich niemals erwarten würde, dass sich jemand vor mir rechtfertigt, dass er Fleisch oder Wurzelgemüse isst und Milch trinkt, bzw. Leder trägt … um die Intention in den Focus zu rücken und nicht um mich als vollkommen zu präsentieren, weil ich mich anstrenge ein Profil zu erfüllen, habe ich dann also trotzdem dem Dreh zugestimmt und ich verband und verbinde damit vor allem die Hoffnung, dass ich dadurch eventuell ein wenig mehr Verständnis finde und mich nicht mehr so oft gegen Anfeindungen wehren muss, weil ich anders bin als andere, denn Frieden beginnt da, wo man denjenigen der anders ist als man selbst nicht dafür verurteilt, sondern ihn so leben lässt, wie er das für richtig empfindet solange er damit niemandem schadet.

Und so harrten wir dann auch erwartungsvoll der Dinge, die da am Freitag und Samstag auf uns zukommen sollten.

Sie kamen dann auch fast pünktlich zum vereinbarten Termin , denn am Freitag Morgen, kurz nach zehn Uhr, trafen die Regisseurin nebst Kameramann und Tonassistent bei uns ein und wie schon beschrieben wurde Anka gleich zu Nixi ins Zimmer geschoben, während Müsli wie immer seine Chance bekam, die Gäste zuerst zu entzücken, dann anzusabbern, anschließend umzurempeln, um schlussendlich auch wieder Anka und Nixi Gesellschaft leisten zu müssen, weil die Verzweiflung in den Augen der Besucher eben doch irgendwann so unübersehbar wurde, dass es uns die Höflichkeit als Gastgeber verbot, unseren Besuch noch länger mit Müslis Aufdringlichkeit zu strapazieren … obwohl zumindest der Kameramann unseren Leonbergerjungen so faszinierend fand, dass er den Tonassistenten bat, doch eben ein Foto von im und Müsli zu schießen, als Erinnerung und weil im sonst keiner glaubt, dass er auf Tuchfühlung mit einem Hundemonster gegangen war. Allerdings fürchtete der gute Mann dann aber auch zu Recht um das Equipment, denn die Kabel der Lampen lagen überall auf dem Fußboden und die Beleuchtung stand auf wackeligem Fundament, womit die Chance sehr groß war, dass unter Müslis Begeisterungsstürmen und Ausbrüchen spontaner Heiterkeit irgendetwas Teures zu Bruch gehen könnte.

Nur die Bommeline durfte mal wieder bleiben, denn die legte sich diskret in ein Eckchen und beobachtete das Geschehen, bis die Szenen gedreht werden sollten, in denen ich vorführen durfte, was und wie ich koche.

Bommelines große Leidenschaft gilt dem Essen und sobald ich die Zutaten aus dem Kühlschrank zur Kochinsel trage, die ich verwenden will, bezieht sie dort ihren Posten, denn dass immer was dabei für sie abfällt, damit rechnet sie fest … und wird auch nie enttäuscht.

Vielleicht hätte vielen Menschen die Hundenase in direkter Nähe zu den Lebensmitteln den Appetit auf die Speisen schon im Vorfeld verdorben und mancher wäre vermutlich entsetzt gewesen, dass ich – anstatt die Schnauze wegzuschieben – lieber etwas hineinschiebe, aber das Fernsehteam zeigte keinen Ekel, sondern bat mich, den Hund doch zu ermuntern, noch mal so bittend zu mir hoch zu schauen, wenn der Kameramann soweit ist, es auch aufzunehmen.

Wer je in einen Dreh involviert war, der weiß, dass selten eine Szene gleich beim erstem Mal so klappt, dass das Ergebnis zufriedenes Nicken beim gesamten Team auslöst und so musste die Bommeline so manches Stückchen Tofu und einige vegane Käsewürfel essen, sollte auf Kommando eine Schüssel gleich dreimal auslecken, obwohl sie sie schon nach dem ersten Mal nachweislich so ausgeputzt hatte, dass man sie ohne sie zu spülen in den Schrank hätte zurückräumen können und durfte so lange betteln, bis sie eigentlich dazu gar keine Lust mehr hatte, weil sie so satt war, dass selbst sie nicht mehr hungrig schauen wollte und konnte. Vielleicht vermutete sie aber auch irgendeine Verschwörung hinter dieser großzügigen weit-vorweihnachtlichen Bescherung und fragte sich, wo nun wohl der Haken sein könnte, wenn plötzlich solche Mengen vom Kochgut für sie abfallen, wo es sonst nur kleine Kostproben davon gibt.

Es kam ihr also doch sehr entgegen, dass die nächsten Szenen dann draußen gedreht wurden und sie sich so nicht nur etwas Erleichterung, sondern zusätzlich auch Bewegung verschaffen durfte … und so trabte Bommel brav neben uns her, als wir die Stallgasse auf und ab liefen, um Schnittbilder zu liefern, schlenderte mit uns über den Hof und wirkte jedes Mal auch so dekorativ in den Bildern, die sich dabei zu einem Film formten, dass wir schlussendlich die Statistenrollen ausfüllten und Bommeline als Haupt-Protagonistin die Szenen beherrschte.

So wäre der Nachmittag eigentlich harmonisch und ohne unvorhergesehene Zwischenfälle vergangen, wäre es der Bommeline nicht eingefallen, ihren Platz neben uns auch für sich zu beanspruchen, als man uns um ein Interview vor der Box des Schimmeligen bat, quasi mit seinem herrlich edlen Gesicht als besonders dekorativer Hintergrund …

Nun ist unser Trakehner Schimmelhengst zwar schrecklich arrogant und wenn man nach schlechten Eigenschaften von ihm suchen würde, könnte man seinen Narzissmus benennen, aber ganz bestimmt ist er kein böses Pferd und gewiss ist auch kein Hundehasser, vor dem sich die Fellherzen in Acht nehmen müssten – eher zeichnete er sich immer durch große Achtsamkeit aus, wenn andere Tiere sich mal auf seine Weide oder in seine Box verirrten, damit er keines von ihnen mit seinen Hufen tritt oder verletzt und selbst die Katze, die sich in seinen Futtertrog legte, um dort ein Nickerchen zu halten, ohne zu merken, dass der Hausherr während ihres Schläfchens vom Weidespaziergang heimgekehrte, war lediglich von ihm liebevoll pitschnassgeleckt worden, als wir sie fanden und aus ihrer misslichen Lage befreiten.

Doch genau dieses sonst so sanftmütige Pferd verwandelte sich mit einem Mal in einen feuerspeienden Drachen, der mit aufgerissenem Maul über die Boxentür schoss und dessen Zähne sich im gleichem Moment auch schon ins Fell von Bommelines Hintern gruben, mit dem sie zuvor noch so aufreizend gewackelt hatte.

Im Prinzip hätten wir es ahnen können, dass sich hinter der Mr. Hyde-Fassade des Schimmeligen auch ein Mr. Jekyll verbirgt, schließlich kennen wir ihn nun ja schon lange genug und wissen auch, dass er sehr ungnädig reagieren kann, wenn man ihn nicht beachtet, denn er ist nicht nur sehr von sich selbst überzeugt, sondern wird in seinem grenzenlosen Selbstbewusstsein auch immer wieder bestätigt, weil er jeden Betrachter mit seiner atemberaubenden Präsenz in den Bann zieht und ihn mit seiner Ausstrahlung gefangen nimmt, der man sich einfach nicht entziehen kann.

Natürlich überlässt er die Wirkung seiner Selbstdarstellung keinesfalls dem Zufall und tut schon im Vorfeld stets alles dafür, dass man gar nicht auf die Idee kommen kann, ihn eventuell zu übersehen. Dazu gehört auch, dass er sofort vor jeder Kamera posiert, bis sich ihr Objektiv auch ganz sicher auf ihn richtet. Dann wird seine Weide zu seiner Bühne und obgleich er nicht im Kegel eines Scheinwerferlichtes steht, scheint er von einem Leuchten umgeben, das wohl aus ihm herausstrahlt … er hätte es vermutlich auch gar nicht nötig, seinen äußeren Glanz zu polieren, weil er jeder seiner Auftritte glamourös ist.

Eine Freundin nannte ihn einmal eine „Rampensau“ und auch wenn das etwas uncharmant klingen mag, trifft es doch den Punkt, denn er scheint wirklich dafür geschaffen worden zu sein, bewundert zu werden.

Allerdings teil er dann die Aufmerksamkeit, die man ihm schenkt auch ungern mit anderen und in der Regel schafft es ja auch keiner, neben seiner glanzvollen Erscheinung noch wahrgenommen zu werden … aber die Bommeline ist eben ganz genau von der gleichen Machart wie er.

Vielleicht spürte der Hengst, dass sich da nun erstmalig echte Konkurrenz in seinen sonst so weitreichenden Dunstkreis zu treten anschickte und sein sonst so unantastbares Monarchenmonopol zu brechen drohte und verlor darum die Contenance, als Bommeline auftrat, um ihm die Show zu stehlen, die er gerade so perfekt mit seinem Auftritt inszeniert hatte, denn genau in dem Moment, als sie mit ihrer neuerlichen Anwesenheit die Aufmerksamkeit der Menschen wieder auf sich zu ziehen begann, die er sich gerade so geschickt erobern durfte, verwandelte er sich vom freundlichen Dr. Jekyll zum wuterfüllten Mr. Hyde, dessen einziges Bestreben es in diesem Augenblick war, seine Pole-Position als Star nicht gefährdet sehen zu müssen.

Seine Absicht war es auch nicht, sie als Feind zu vernichten, denn als solchen sah er sie ja nicht, sondern er betrachtete lediglich als potentielle, aber ihm dadurch außerordentlich lästige Anwärterin auf seine Vormachtsstellung auf die Alleinherrschaft als Superstar vor der Fernsehkamera und als solche musste er sie eben schleunigst aus dem Weg und der Richtung räumen, in die das Objektiv in dem Moment zeigte und dafür war ihm eben auch jedes Mittel recht … auch wenn er sonst ein Pazifist ist, der Gewaltanwendung ablehnt und lieber das Feld räumt, als sich darum zu streiten … dies natürlich aber nur, solange es darauf nichts zu gewinnen gibt, was im nützlich genug erscheint, dass sich ein Kampf darum auch lohnt.

Auch wenn sein Trachten nach Ruhm vielleicht in seinen Augen ein heheres Ziel war, bei dem es nur darum ging sein Alleinrecht auf die Bewunderung und Aufmerksamkeit der Menschen zu verteidigen und es lediglich sein Anspruch war, die Bommeline aus dem Bild zu drängen, in das sie sich gerade hineingedrängt hatte und ihn damit zu verdrängen drohte, konnten wir sein höchst unfeines Benehmen und sein garstiges Verhalten natürlich nicht tolerieren und darum schritten wir, kaum dass wir uns aus der Schreckstarre gelöst hatten, zur Rettung der gerade noch empört zwischen den Zähnen des Schimmels strampelnden Bommeline, die sich jedoch in dem Augenblick bereits selbst befreit hatte und unsanft aufs Pflaster plumpste, bevor es dem Schimmeligen gelungen war, sie über seine Boxentür zu heben, um sie dort in der Versenkung der Unsichtbarkeit verschwinden zu lassen.

Nun macht sich Micha ja immer über Bommelines „Schwartenpelz“ lustig, nachdem ich mal behauptete, dass die üppige Form unseres Hundemädchens nur durch das dichte lange Fell hervorgerufen wird und keinesfalls durch eine darunter liegende Speckschicht, aber in dem Moment, nachdem uns allen vor Schreck der Atem stockte, war ich doch sehr froh, dass sich ihre Wirbelsäule und ihre Hüfte nicht direkt ungeschützt unter ihrem Fellkleid abzeichnen, sondern sowohl ein wenig Fettpolster, als auch ihr auch in den Sommermonaten gehüteter Winterpelz sie vor ernsten Verletzungen bewahrte.

Ich will nicht bewerten, wer von den Beteiligten den größten Schock erlitten hatte, aber der Vorfall saß allen Zuschauern und Beteiligten wohl gleichermaßen in den Knochen und obwohl ich mich mehrfach davon überzeugen durfte, dass der Bommeline wirklich nichts passiert war und sie weder hinkte, noch sichtbaren Schaden genommen hatte – bis auf den Verlust eines Haarbüschels, das der Schimmel noch eine ganze Zeitlang wie eine Trophäe zwischen den Lippen behielt, bis er sie endlich ausspuckte – belastete mich das Ganze doch sehr, weil ich das Gefühl nicht loswurde, dass ich die Schuld am Verhalten unseres Hengstes trug und damit den Angriff auf Bommeline zu verantworten hatte.

Oft frage ich mich, ob ich wirklich so vielen Persönlichkeiten, wie sie unsere vierbeinigen Freunde ohne Zweifel sind, gleichermaßen gerecht werden kann. Ob ich nicht doch vielleicht Lieblinge habe, die ich bevorzuge oder ihre Eigenschaften als besonders positiv bewerte und ihr in meinen Augen vollkommenes Äußeres mehr schätze, weil sie meinen Vorlieben entsprechen, obwohl die anderen genauso gute Charaktereigenschaften haben und nicht weniger beachtenswert sind und auch wenn ich mich bemühe kein Tier dem anderen vorzuziehen und meine Liebe, meine Streicheleinheiten, meine Zeit, in denen ich mich ihnen widme und meine Gaben gerecht unter ihnen zu verteilen, weiß ich doch, dass ich bei machen etwas länger bleibe, mit manchen intensiver kuschle, die Apfelspalten etwas großzügiger bemesse, die aus meiner Hand zwischen ihre Zähne wandern und sogar meine Sorge um sie, wenn mal eines von ihnen krank ist, von mir nicht gleich bemessen wird.

Die Tiere spüren das auch … diejenigen, die sich zurückgesetzt fühlen genauso wie die, deren Lieblingstier-Status sie zu etwas Besonderem bei mir macht und während die einen darunter leiden, manche so autark sind, dass es ihnen eigentlich auch egal ist, ob ich sie mag oder nicht, solange das Futter pünktlich serviert wird und sie morgens rechtzeitig auf die Weide kommen und abends genauso rechtzeitig wieder rein in den Stall, genießen die Bevorzugten natürlich die Extras und verteidigen sie auch, sobald sie sie als gefährdet sehen oder gar an die unliebsame Konkurrenz abtreten müssen.

Die Rechnung für meine Ungerechtigkeit hatte heute die Bommeline bezahlen müssen, denn bislang war es für sie ja selbstverständlich, dass ihr Platz in meinem Herzen und an meiner Seite unangefochten ist und bleibt und auch wenn ich Müsli und Anka nicht weniger liebe als sie, macht sie es mir doch viel leichter, ihr das auch zu beweisen und ihr zu zeigen, wie wertvoll sie für mich ist.

Mit der Bommeline ist es leicht, innig befreundet zu sein, denn die wird nie lästig, obwohl sie immer da ist. Bei Müsli scheint es hingegen eine Barriere zu geben, die er immer mal wieder zwischen uns schiebt, wenn ich ihm zu nahe zu kommen drohe und manchmal glaube ich, dass er sich dem Gefühl der Sicherheit meiner Liebe nicht hingeben kann, weil er Angst hat, dass ich ihn enttäuschen könnte und er irgendwann vielleicht erneut weggeschickt und weitergereicht wird. Er trägt seine Vergangenheit als Päckchen mit sich und ihm zu beweisen, dass er nicht als Freund auf Zeit von mir abonniert wurde, sondern dass ich zu ihm stehe, egal was passiert, scheint außerhalb meiner Möglichkeit zu stehen. Dafür spürt er aber genau, dass ich ihm gegenüber oft ein schlechtes Gewissen habe, wenn Bommeline den Platz in meinem Bett besetzt, der einst ihm allein gehörte, bevor die Konkurrenz einzog – nicht dass er nicht trotzdem herzlich eingeladen wäre, sich zu uns zu gesellen, denn ich rücke ja gerne ein wenig zur Seite, damit es sich die Hunde in meinem Bett bequem machen können, aber bei ihm geht es ums Prinzip und das bedeutet, dass er zum personifizierten Vorwurf an mich wird, der mich mit einem Blick, der Steine erweichen könnte, anklagt, ihm seine Privilegien genommen und an die Bommeline weitergereicht zu haben und darum nimmt er mich auch in die Pflicht, wann immer ihm sein Mützchen danach steht – was heißt, dass er von mir erwartet, dass ich jedes Jengeln, Fiepsen, Winseln und Jaulen von im auch umgehend und zu jeder Zeit mit meiner sofortigen Zuwendung beantworte … dass das natürlich den Effekt mit sich bringt, dass ich mir vorwerfen lassen muss, ich würde ihn für seine Erpressungsversuche auch noch belohnen und ihn in seiner Tyrannei bestärken, macht das Ganze nicht einfacher und dass er neuerdings auch mal des Nächtens vor meinem Bett stehend heult, weil ihm nach einem Spaziergang in der freien Natur ist, bringt zusätzlich den Nachteil mit sich, dass ich dann frierend in der Unterhose und in tiefschwarzer Dunkelheit ausharren muss, bis Müsli seinen Rundgang beendet hat und wieder ins Haus kommen möchte.

Solche Einfälle kämen der Bommeline niemals – zumindest nicht ohne einen wirklich sehr triftigen Grund.

Mit Anka ist es für mich noch schwieriger, das Gleichgewicht meiner Zuwendung auch an sie gerecht durch drei zu teilen, denn sie hält vom Überschwang meiner Zärtlichkeiten eigentlich gar nichts … oder eben nur dann, wenn sie sie persönlich einfordert und dann auch nur in dem Maß, wie sie ihr noch angenehm sind, denn ansonsten knurrt sie mich einfach an, um mich hinter meine Schranken zu verweisen, die sie vor mir herunterlässt, damit ich ihr nicht zu nahe komme. Vielleicht ist das genau wie bei Müsli das Päckchen der Vergangenheit, das sie mit sich trägt und das ihr Sein auch nach sechs Jahren bei uns noch überschattet, denn zu vertrauen fällt ihr noch viel schwerer als ihm und während er die Situation des einst von seiner Familie weggeschickten Hundejungen zu seinem Vorteil zu verwenden lernte, macht Anka eher den Eindruck als hätte sie resigniert und aufgehört, an das Gute in den Menschen zu glauben. An ihrer Überzeugung ändert auch die Tatsache nichts, dass es kein Privileg für die Bommeline und Müsli gibt, das wir ihr verweigern würden – im Gegenteil: Gerade weil es uns so wichtig ist, dass sie sich nicht vernachlässigt fühlt, verwöhnt man sie oft mit einem Extra, bei dem man hofft, die anderen beiden würden es nicht bemerken und daraufhin sofort Gleiches einfordern.

Doch all unser Mühen trägt nicht dazu bei, sie mit der Welt zu versöhnen, die sie enttäuschte und so fühlt sie sich zwar als Opfer, aber das bedeutet nicht, dass sie das stille Leiden wählte, denn Anka erwartet schon, dass man sie als Märtyrer auch wahr nimmt und sich entsprechend dafür schämt und darum macht sie mit lautem Gebrüll auf sich aufmerksam.

Dass sie sich damit keine Freunde macht und man sich heimlich manchmal wünscht, dass sie beim Stakkato-Bellen irgendwann mal heiser werden möge, damit Ruhe einkehrt, ist sicher nicht nett ihr gegenüber, aber es ist ab und zu eben auch nicht leicht, einen Hund so anzunehmen und zu lieben, wie ihn seine Vergangenheit formte, ohne eine Wut darüber zu bekommen, dass man nun ausbaden muss, was andere an diesem Tier verbrachen. Natürlich steckt hinter Ankas Verhalten nicht die boshafte Absicht uns zu ärgern, aber trotzdem ist es teilweise anstrengend mit ihrer Art umzugehen, ohne darüber nachzudenken, sie mal kräftig dafür zu schütteln, dass sie nicht durch ein freundliches und liebevolles Wesen auf sich aufmerksam zu machen versucht, sondern sich lieber dafür entschied, unangenehm durch ihr Gebell aufzufallen … dazu kommt, dass sie nicht nur das Oberkommando auf dem Hof und über all seine Bewohner glaubt zu haben, sondern auch auf alle aufpasst – was ja grundsätzlich eine ihrer löblichen Eigenschaften wäre, wenn sie nicht ständig alle kontrollieren müsste. Vor allem den beiden Konkurrenten um die Menschenfreunde erlaubt sie keinen Verstoß gegen ihre Regeln und während Müsli für einen Moment das Genick einzieht, wenn sie ihn angeht und sich dann verkrümelt, um nicht noch mal ihren Unmut zu wecken, gibt die Bommeline inzwischen doch auch mal Kontra.

Daraus entstehen zwar keine bösen Beißereien, aber es belastet doch die häusliche Harmonie, wenn Anka es nicht lassen kann, die Bommeline anzuknurren, bis die irgendwann die Nase voll hat, sich zur Wehr setzt und man die Streitenden dann wieder zum Frieden zwingen muß.

Ohne Ankas verbale Attacken würde es der Bommeline vermutlich gar nicht einfallen, sich mit ihr ständig auseinander zu setzen.

Genau darum macht die Bommeline es einem eben sehr leicht, sie nicht nur mögen zu wollen, sondern sich in ihrer Gesellschaft sehr wohl zu fühlen, aber genau darum ist es für sie auch so einfach, sich auf ihre sympathische und charmante Art in den Mittelpunkt zu schummeln, ohne dass das jemanden stören würde … außer wenn er das gleiche Ziel verfolgt, wie es das Ansinnen des Schimmeligen war, dessen Felle für einen Moment davonzuschwimmen drohten, als ihn die Bommeline nonchalant ins Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit zu rücken versuchte.

Bevor sie ihn nun aber aus der Hauptrolle schubsen konnte, die er nicht minder genießt wie sie und die doch außerdem noch gerade ihm angeboten worden war, beschloss er, sie auf keinen Fall kampflos wieder an sie abzugeben.

Zwei, die vom selben Holz geschnitten sind, würden ja theoretisch eigentlich alle Voraussetzungen erfüllen, die besten Freunde zu werden, weil sie sich vollkommen verstehen könnten, aber offensichtlich kann es eben von dieser Sorte an einem Ort immer nur einen geben, denn wenn jemand so präsent ist, dass auch der großzügigste Raum zu klein wird, weil der Platz neben ihm immer zu knapp bleibt für alle anderen, dann ist eben leider eine so große Persönlichkeit wie die Bommeline, die dem Schimmel auch noch im einnehmenden Wesen gleicht, schon eine zuviel.

Nach einer kleinen Drehpause, in der wir uns alle von dem großen Schreck erholten und ich mich immer wieder vergewisserte, dass es der Bommeline auch wirklich gut geht und sie auch schon wieder zu gewohnter Form auflief – auch wenn sie einen großen Bogen um die Box vom Schimmeligen schlug -, folgten wieder Szenen im Haus. Diesmal sollten wir uns aufs Sofa im Wohnzimmer setzen und vor dem flackernden Kaminfeuer die Fragen beantworten, die man uns stellte. Uns gegenüber saß also die Regisseurin und der Tonassistent … und dazwischen kuschelte sich – als sei es das Selbstverständlichste der Welt, die Bommeline!

Nun verstehe ich auch durchaus, dass sich gerade Menschen, die sonst keinen oder nur wenig Kontakt zu Hunden haben, sich unwohl fühlen müssen, wenn sich ein über 50 Kilogramm schwerer und über 70 cm großer Leonberger neben sie auf die Couch setzt und sich somit mit den Menschen auf Augenhöhe begibt, aber wieder einmal gewann die Bommeline und statt dass man sie schleunigst vom Sofa warf, flogen ihr erneut die Herzen und die Streicheleinheiten zu.

Ich bin sicher, bei jedem anderen Hund, der sich zwischen sie gequetscht hätte, wären die Gäste schleunigst aufgestanden und vermutlich hätten sie vielleicht sogar darauf bestanden, nun den Sitzplatz wechseln zu dürfen, nachdem ein haariger und leicht nach Pferdemist duftender Hund mit Schmutzpfoten dort seine Spuren hinterließ, aber mit der Bommeline in der Mitte fühlte sich das Fernsehteam offensichtlich sogar sehr wohl, denn sie animierten sie sogar zu bleiben, indem sie ihr mit jeder frei verfügbaren Hand den Pelz krabbelten.

Überhaupt befand unser Besuch, dass es ein Glück wäre, dass die Bommeline groß genug ist und somit Fläche für viele Hände bietet, damit auch alle gleichzeitig sie streicheln können und damit auch keiner benachteiligt ist.

Die besten Ideen für erfolgreiche Musikstücke sollen ja teilweise sogar auf der Toilette entstanden sein und beim Film gehören die spontan improvisierten Szenen oft zu denen, die beim Publikum besser ankommen, als die von den Schauspielern stur nach Drehbuch gespielten Teilen eines Hollywoodstreifens. Wen wundert es da, dass der Regisseurin nun auch durch Bommelines Possen die Idee kam, quasi eine Hundediva auf der Chaiselonge in den Filmbericht einzubinden und so erhielt die Bommeline natürlich auch diese Rolle und wurde dafür gebeten, selbstständig auf das Sofa zu klettern. Bei ihr hört aber oft der Spaß da auf, wo er in Arbeit umzuschwenken droht und so befand unser Hund, dass es an der Zeit wäre, nun Leonberger Ignoranz zu demonstrieren.

Alles Bitten und Schmeicheln konnte sie nicht überreden, das zu tun, was sonst eigentlich das Selbstverständlichste für sie ist, nämlich das Sofa zu entern und selbst die Drohung, eine Woche auf Kekse verzichten zu müssen, wenn sie sich nicht sofort auch die Couch bequemt, zeigte keine Wirkung … außer dass ihr Blick mir sagte: „ … aber doch nicht auf Kommando!“

Verblüfft haben mich dann aber die Qualitäten als Hundeflüsterin, welche die Regisseurin zutage förderte, als sie die Bommeline um diesen einen Gefallen bat und die dann ohne weiteren Starallüren tat, was die Dame vom Fernsehen von ihr erwartete, indem sie sich in perfekter Eleganz aufs die Couch schwang und sich darauf drapierte, dass wirklich jede Pfote exakt da lag, wo der Kameramann sie sich hinwünschte.

Wobei ich dann doch froh war, dass sie darauf verzichtete, die Ruhestellung einzunehmen, die sie wählt, wenn sie vollkommen tiefenentspannt ist: dann liegt sie nämlich lasziv auf dem Rücken, die Beine in schon fast beschämender Art breit nach rechts und links geklappt und wirkt dabei schon fast ein bisschen obszön.

Jedenfalls hätte ihr diese Pose wohl eher eine Rolle in einem nicht jugendfreien Film eingebracht:

bomba

Da es nun so langsam Abend wurde und die Bommeline längst wieder Platz im Bauch für ihr Abendessen geschaffen hatte, sollte nun die vegane Fütterung der Hunde gedreht werden.

Nun hatte ich unsere fleischfressenden Tiere bislang noch mit entsprechendem Futter versorgt, aber mein schlechtes Gewissen meldete sich doch immer lauter, wenn ich zwar der Fleischindustrie eine Absage erteile, solange es darum geht, sie für meine Bedürfnisse zu unterstützen, aber bislang hatte ich mich nie getraut, veganes Hundetrockenfutter zu bestellen. Da bot mir der Internetanbieter „alles vegetarisch“, bei dem ich meine Lebensmittel bestelle freundlicher- und dankenswerter Weise an, passend zum Drehtermin einen Karton für uns zusammenzustellen und ihn uns zur Verfügung zu stellen, In diesem riesigen Paket lag dann auch ein großer Sack mit veganem Hundefutter, den wir testen durften, aber zum einen fanden die Fernsehleute eine Hundefütterung mit Trockenfutter ein wenig langweilig für den Zuschauer und zum anderen waren die Waren erst am Tag zuvor angekommen und eine so drastisch schnelle Futterumstellung war mir dann doch zu riskant, so dass wir zwar das Hundefutter als vegan vorstellten und so hoffentlich auch ein bisschen Werbung für den Hersteller machen konnten, aber dem Vorschlag des Teams folgten eine vegane Mahlzeit für die Hunde zuzubereiten und zu servieren, so wie ich es immer für die Geburtstage der Hunde zu tun pflege.

Da packte selbstverständlich auch mich der Ehrgeiz, denn ich bin ja ein heimlicher Fan des perfekten Dinners und ab und zu, wenn ich Zeit finde, mich bereits schon in den frühen Abendstunden vor den Fernseher zu setzen, reizt es mich beim Anblick der teilweise wirklich mit viel Raffinesse gekochten und oft kreativ präsentierten Menüs, mein eigenes Licht mal unter den Scheffel der Sendung zu stellen und mich von Mitkochbewerbern für mein Essen bewerten zu lassen … ich übe aber lieber doch noch etwas, aber die Gelegenheit, vor der Kamera zu kochen und die Speisen hübsch anzurichten, weil das Auge ja mitisst, wollte ich dann doch schon einmal nutzen.

Um nicht zuviel Zeit zu verlieren, hatte ich tags zuvor schon mal die weißen und mit Spinat- und Tomatenpulver eingefärbten Nudeln vorgekocht und sowohl die Maispolenta, als auch der Teig aus Haferflocken, Semmelbröseln und Tomatensaft für die veganen Burger warteten schon im Kühlschrank darauf, zum Einsatz zu kommen. Lediglich den veganen Pfannkuchenteig mit Mehl, tierproduktfreiem Eierersatz, zerlassener Margarine, kohlensäurehaltigem Mineralwasser und Sojamilch wollte ich vor der Kamera zubereiten und ich gebe zu, dass ich in dem Moment auch Abbitte an alle die Köche leistete, denen ich unterstellte, dass sie die schon vorbereiteten Speisen gar nicht selbst zubereitet hatten, wenn sie sie mit den Worten: „… habe ich das schon gestern vorbereitet, weil es durchziehen musste“ aus dem Kühlschrank holten – ich weiß jetzt, wie knapp die Zeit schnell werden kann, wenn man nicht wie gewohnt an Herd und Arbeitsfläche hantieren kann, weil der Kameramann die Szene noch dreimal braucht oder die Einstellung noch nicht perfekt war und alles so lange wiederholt werden muss, bis es endlich im Kasten ist und dabei auch noch den Vorstellungen der Regie entspricht und ich war froh, dass ich schon viel am Tag zuvor erledigt hatte und nur noch zum Kühlschrank gehen musste, um die Nudeln und den Teig aus demselben zu ziehen und dabei zu sagen: „Ich habe das schon gestern vorbereitet, weil es durchziehen musste“.

So fertigte ich also nur noch den Pfannkuchenteig, stach mit einer Weihnachtsplätzchenform Herzchen aus den Tofu- und Polentascheiben und briet dann die Haferburger und die Pfannkuchen aus., Letztere bestrich ich anschließend mit zwei verschiedenen Sorten Creme: einer roten, die aus püriertem Tofu bestand, der mit Tomatenmark vermischt wurde und einer grünen, die aus Sojajoghurt und Blattspinat bestand, den ich in die Yofumasse hineinrührte.

Um das Ganze nun auch fernsehtauglich zu präsentieren gab ich die Nudeln wie ein Nest in drei bunte Teller und darauf drapierte ich dann die gefüllten und in Scheiben geschnittenen Pfannkuchen und die gebratenen Haferburger. Um das Werk perfekt zu vollenden dekorierte ich alles mit den Tofu- und Polentaherzen, nachdem ich diese auch noch kurz angebraten hatte.

Ich weiß, dass Eigenlob stinkt, aber ohne prahlen zu wollen fand ich, dass dieses Hundemenü schon optisch eine Sensation darstellte und ich gebe zu, dass ich nun darüber nachdenke, meine Fähigkeiten doch noch einmal in einer Kochsendung auszuweiten. Vielleicht wird ja meine Idee für das perfekte Hundedinner doch noch von RTL angenommen und dann würde ich mir allerdings wünschen, dass die Begeisterung sich in hohen Punkten niederschlägt, denn während die Bommeline ihren Teller in Windeseile leerte und meiner Anstrengung nicht mehr Beachtung schenkte, als wenn ich ihr eine Dose Chappi serviert hätte, mäkelte Müsli erst mal herum und Anka hatte vor lauter Aufregung gar keine Zeit, einen Blick auf das Essen zu werfen, das da im Teller auf sie wartete.

Es ist wohl zum einen der späten Stunde zu schulden, dass Müsli erst einmal großen Nachholbedarf hatte, die Leute anzuspringen, nachdem er so lange im Exil ausharren musste und nur ein paar mal zum Pipi machen raus durfte. Er erledigte also erst einmal seine Aufgabe, sich über alle Anwesenden einzeln zu freuen, während die Bommeline schon die Hälfte seiner Ration verputzt hatte, bis er sich seiner Mahlzeit widmen konnte.

Von Ankas Portion konnte die Bommeline dann sogar fast alles abstauben, denn schließlich hatte Anka erst mal ihren Job zu machen und so kläffte sie die Leute reihum an und brüllte ihnen ihr Kommando, sich nicht von der Stelle zu rühren in alle verfügbaren Ohren … obwohl das gesamte Fernsehteam sich sowieso nicht mehr getraut hätte, sich zu bewegen und in Sorge um die Unversehrtheit der Hosen erstarrten, bis wir Entwarnung gaben und Anka aufhörte, ihr Revier gegen Eindringlinge zu verteidigen, die 1. gar keine waren und 2. sowieso schon den ganzen Tag in Haus und Hof gedreht hatten – wären sie mit der Absicht gekommen, uns zu überfallen und auszurauben, hätten sie dazu also genügend Zeit dazu gehabt, in der Anka unter Nixis Schreibtisch schlief.

So hatte ich auch wenig Mitleid mit ihr, als für sie nun nur noch die Reste ihrer Mahlzeit übrig blieben, denn wer meine Bemühungen mit Missachtung straft und lieber kläfft, als sie entsprechend zu würdigen, den bedaure ich auch nicht.

Für einen Moment hatte ich sogar ein Argument, mein schlechtes Gewissen ihr gegenüber zu beschwichtigen, weil die Bommeline ja quasi als Vertreter aller drei Hunde auftrat und man die anderen beiden kaum sah, während Bommeline sogar gefilmt wurde, als ich sie kämmte … die Fernsehleute wollten mir nämlich nicht glauben, dass ich die ausgebürsteten Haare der Hunde sammle, um sie zu Hundewolle spinnen zu lassen und mir anschließend einen Pullover davon zu stricken, der nicht nur eine persönliche Note hat, sondern überdies vegan ist, weil kein Tier dafür von mir ausgebeutet wurde. Also musste ich demonstrieren, wie ich Hundehaare gewinne und sie in einer Tüte aufbewahre, bis es genug sind, um davon ausreichend viele Knäuel Wolle zu erhalten – ich hoffe, ich bringe nun die Veganer nicht gegen mich auf, wenn der Bericht so geschnitten gesendet wird, dass man annehmen könnte, dass ich die Hunde nur zum Zweck der Wollgewinnung halte 😉

Der nächste Tag sollte mit einem Besuch bei unseren lieben Freunden Uwe und Kerstin und deren beiden Söhnen Marvin und Leon in Scheeßel beginnen, die ich zu dem Zweck der Dreharbeiten genötigt hatte, uns zum Frühstück einzuladen, denn auch hier fand das Fernsehteam die Vorstellung interessant … oder vielleicht sogar skurril, dass ich meinen Teil gemeinsamen Essens in Plastikdosen verpackt zur Einladung mitbringe, aber auch wenn man mich für sehr seltsam geartet halten mag, so möchte ich eben doch lieber wissen, dass meine Brötchen kein Schweineschmalz enthalten und auf mein Brot nur Marmelade zu streichen, während die anderen zusätzlich Wurst, Käse und Eier schlemmen – was ich bestimmt nicht essen würde – wäre mir dann doch zu langweilig und eintönig.

Also filmten unsere Gäste von RTL fasziniert den Inhalt unseres Kühlschrankes, fragten nach, um was es sich bei den Produkten handelt und schauten mir interessiert zu, was ich da in Frischhaltefolie einwickelte, in Plastikdosen legte und wie ich meine Sojamilch abfüllte und meine Teebeutel richtete, weil ich ja auch keinen Kaffee trinke.

Als ich Kostproben verteilte, bat der Kameramann sogar um Nachschlag vom veganen Käse und ich freute mich, dass es ihm so gut schmeckte.

Zum Abschluss des Tages führte ich auch noch unseren „Luigi“ vor, der nicht wie man vermuten könnte ein italienischer Freund der Familie ist, obwohl wir ihn als solchen schätzen, sondern unsere Eismaschine, die zuverlässig herrlich cremiges Gefrorenes aus Sojamilch und Sojasahne produziert. Die Gäste mochten das Bananeneis dann auch … oder behaupteten jedenfalls, dass es ihnen sehr gut geschmeckt hat, aber die Hunde sind da unbestechlich und von denen bekam ich dann auch die Anerkennung, die sie bei ihrer veganen Hundemahlzeit ein wenig vermissen ließen.

Nach fast 12 Stunden, in denen wir permanent von der Kamera begleitet wurden, fielen wir todmüde in die Betten und als um sechs der Wecker klingelte, hätte zumindest ich mich lieber noch einmal umgedreht, als zum Frühstück nach Scheeßel zu reisen … als wir aber im Auto unterwegs waren, freute ich mich schon wieder sehr auf den Termin und ich war vor allem gespannt, wie der Dreh unseren Freunden gefallen würde.

Die Hunde bleiben diesmal zuhause, denn neun Menschen mit Müsli, Anka und der Bommeline und dann auch noch das Equipment für Ton und Film hätten nicht in die Küche gepasst, aber wir blieben ja nicht allzu lange weg und Nixi leistete den Tieren ja auch Gesellschaft und so war keiner alleine.

Ob wir unseren Freunden einen Gefallen taten oder eher einen Bärendienst erwiesen mag ich nicht beurteilen, aber ich hoffe, dass sie sich freuen dürfen, wenn der Bericht ausgestrahlt wird, denn unsere Intention war ja wirklich die gute Absicht, auch wenn der arme Uwe sein Widerwillen gegen Spinat überwinden musste und quasi gezwungenermaßen die von mir am Tag zuvor gebackenen herzhaften Spinatmuffins zu verkosten von der Regisseurin aufgefordert wurde, um anschließend sein Urteil darüber abzugeben.

Nun wusste ich ja schon im Vorfeld, dass man Uwe von gewiss keine begeisterte Zustimmung erntet, wenn man ihm spinathaltige Backwaren anbietet – dass aber, wenn man überdies auch noch von ihm verlangt, sie zu essen, man ihm bestimmt alles andere als eine Freude bereitet, ahnte ich schon, als das Fernsehteam uns am Tag vorher bat, doch neben den eingetupperten Lebensmitteln, die ich für mich gerichtet hatte, auch den eigens für die Reportage zubereiteten Seitan und die übriggebliebenen Spinatmuffins mitzunehmen, um den Zuschauern einen Eindruck zu vermitteln, wie die Sachen bei den Leuten ankommen, die sich nicht vegetarisch, vegan oder gar wie ein Frutarier ernähren.

Die Idee an sich war bestimmt auch nicht schlecht, denn ich kenne auch wenige Menschen, die sich ganz normal omnivor ernähren und trotzdem schon über Erfahrungen im Bezug auf den Geschmack von Seitan, veganen Käse oder Räuchertofu verfügen, denn in der Regel besteht durch ihren Speiseplan auf dem sich zahlreiche Fleischvarianten, Milchprodukte, Eiergerichte und die große Auswahl an Gemüse befindet, kein Bedarf, sich an der Zubereitung oder Verkostung von tierfreien und somit alternativen Produkten zu tierischen Lebensmitteln wie Fleisch und Käse zu versuchen oder „veganes Eiersatzpulver“ zum Backen zu verwenden, aber ich hätte mir eben doch gewünscht, dass man Uwe nicht unbedingt mit veganen Muffins konfrontiert hätte, die zu allen für ihn sowieso schon exotischen Zutaten wie veganem Käse und Räuchertofu, auch noch den von ihm so ungeliebten Spinat enthielten. Mein Veto im Vorfeld stieß aber in diesem Fall dann auf taube Ohren, obwohl mein Argument, dass man Uwe doch wenigstens die Chance geben sollte, vegane Speisen zu testen, die nicht gerade Ingredienzien enthalten, welche er auch neben einem Kotelett und Salzkartoffeln nicht mögen würde, insofern sogar eine Herzensangelegenheit für mich war, als dass ich den Zuschauern die Alternativen zu Fleisch und Milchprodukten gerne nähergebracht hätte, indem sie trotz des Verzichtes auf tierische Inhaltsstoffe gut bei den Nicht-Veganern angekommen wären. Doch mein Einwand fand keine Befürworter und so fügte ich mich eben auch dem Wunsch der Mehrheit … Uwe möge mir verzeihen.

Wie ich nun aber auch schon erwähnte, kann es durchaus passieren, dass die Szenen, die der Kameramann einzufangen versucht, nicht gleich beim ersten Mal so gefilmt werden konnten, dass er mit dem Ergebnis zu 100 Prozent zufrieden ist und man dann eben wiederholt, was gewünscht wird und zwar auch so, wie es gewünscht wird. Nicht dass nun einer von uns Fernsehlaien wirkliche Schauspielkunst abzuliefern gezwungen worden wäre – es ging dem Team dabei ja doch vorwiegend um die Authentizität, die der Betrachter des Berichtes ja auch spüren soll, damit wir glaubhaft bei ihm ankommen -, doch wenn eben genau dann mal wieder der Anhänger meiner Halskette gegen das Mikro schlug, was dann eben ein unschönes Knacken beim Ton erzeugte oder eine Hand genau dann über den Tisch nach dem Brot fasste, wenn die Kamera sich gerade auf ein ganz anderes Objekt richtete und somit die Szene gestört wurde, dann hieß es eben öfter mal: „Können wir das Ganze noch mal machen – diesmal ohne das Knacken und ohne Hand im Bild?“.

So kam es dann auch, dass Uwe nicht nur einmal angehalten wurde, herzhaft in den Muffin zu beißen und dann seine Meinung zum Geschmack abzugeben, sondern gleich drei- oder viermal und mit jedem Mal konnte man ihm deutlicher ansehen, wie schwer es ihm eigentlich fiel, dieser Bitte des Fernsehteams Folge zu leisten.

Ein wenig erinnerte mich das Ganze an eine Sendung aus der Serie „Verstehen Sie Spaß?“, die ich vor langer, langer Zeit mal sah, denn dabei wurde dem Protagonisten eines Werbespots für Westernsuppe eine klumpige und schon optisch unappetitliche Brühe in den Teller gefüllt, die wohl auch ziemlich grässlich geschmeckt haben muss – zumindest durfte man das aus dem vor Ekel verzogenen Gesicht desjenigen schließen, der seinen Löffel immer wieder hineintauchen und davon kosten musste, um den Geschmack dann mit den Worten: „Mmmmmh – Westernsuppe! Schmeckt einmal gut, schmeckt zweimal gut, schmeckt immer gut!“ zu kommentieren. Nun würgte der Schauspieler die fürchterliche Suppe vermutlich vor allem in der Erwartung seines Honorars für den Dreh zunächst noch tapfer, wenn auch mit großem Widerwillen herunter. Doch auch wenn er sich beim ersten Versuch noch wacker mühte, seine wahren Gedanken nicht nach außen dringen zu lassen und den Werbeslogan trotzdem mit aller ihm möglichen Euphorie in die Kamera zu schmettern, hatte er sichtlich Probleme damit, die nötige Glaubhaftigkeit zu vermitteln und so kam natürlich, was kommen musste, denn die Regie kritisierte die Schauspielkunst des Suppenessers gnadenlos und verlangte, die Suppe mit mehr Begeisterung zu essen, um den Zuschauer auch davon zu überzeugen, dass sie so lecker ist, dass man sie umgehend kauft, um sie selbst genießen zu wollen. Es folgten also weitere Drehs des Spots und immer wieder musste der Protagonist löffeln, schlucken und die Suppe loben, nur dass seine Stimme dabei immer kläglicher klang und der Enthusiasmus, mit dem er den Löffel beim ersten Mal noch in die Suppe tauchte, als er noch hoffte, dass sie vielleicht doch besser schmeckt, als sie aussieht, schon beim zweiten Eintauchen des Löffels merklich geschwunden war. Zwar waren diese Szenen für den Voyeurist vor dem Fernsehbildschirm sehr lustig anzuschauen, aber für den armen Kerl, der ganz bestimmt während der Dreharbeiten bei jedem Löffel der scheußlichen Suppe, den der für das Gelingen des Werbespots zu schlucken genötigt wurde, darüber nachdachte, ob die Gage, die er sich gerade zu verdienen angetreten war, es wirklich wert sein kann, sich dafür so selbstkasteien zu müssen, war das ganz bestimmt kein Spaß.

Ähnlich schien es Uwe zu ergehen, denn während er zuerst noch von dem Muffin abbiss, knabberte er beim dritten Drehversuch nur noch daran – bemüht, bloß nicht mehr als unbedingt nötig davon in den Mund zu bekommen. Und selbst Kerstin, die auch in der Vergangenheit immer gerne von den veganen Lebensmitteln, die ich mitbrachte, kostete und sie auch meistens als „gewöhnungsbedürftig, aber essbar“ beurteilte, kam nicht ungeschoren davon. Zwar verursachte weder der Muffin, noch der Seitan echten Widerwillen bei ihr, als sie gebeten wurde, etwas davon zu essen, um dann den Geschmack zu beschreiben, aber auch bei ihr war der Kameramann mit dem Ergebnis dessen, was er beim ersten Mal auf das Band gebannt hatte noch nicht zufrieden.

Ich weiß nicht, wie viele Muffins und Seitanscheiben Kerstin sich schlussendlich in den Mund geschoben hatte, um sie tapfer zu kauen und zu schlucken, aber ihre Bewertung war nach dem ersten Versuch irgendwie doch deutlich besser ausgefallen, als nach dem dritten Versuch bei dem sie dann so satt war, dass ihr wohl auch ihr Lieblingsgericht nicht mehr geschmeckt hätte, würde man es ihr angeboten haben und ich behaupte, dass selbst ich, als echter Seitanfan bei der Menge an „Kostproben“ keine Lust mehr auf irgendeine Form von Nachschlag verspürt hätte.

Nun soll das natürlich nicht so klingen, als ob es das Fernsehteam bewusst darauf angelegt hätte, eine negative Reaktion von den „Testessern“ zu erhalten, um die Szenen spannender zu gestalten oder dem Thema etwas Provokantes zu verleihen, denn das war bestimmt nicht die Absicht und dass Szenen nicht beim ersten Mal im Kasten sein können, wusste ich ja vom Vortag schon, aber in dem Moment, als ich sah, wie schwer es Uwe und Kerstin irgendwann fiel, meine mitgebrachten Lebensmittel mit entsprechendem Genuss zu essen, der vielleicht auch den einen oder anderen Zuschauer motiviert hätte, doch einmal den Versuch zu wagen, fleischlose Alternativen auf den Speisezettel zu nehmen, bereute ich es doch schon fast, dass ich dem Wunsch der Regisseurin gefolgt war und unseren besten Freunden vorgeschlagen hatte, bei ihnen einen Drehtermin beim gemeinsamen Frühstück zu veranstalten.

Marvin war die ganze Aktion ja auch schon im Vorfeld unangenehm gewesen, denn er fürchtete, dass ihn jemand im Fernsehen erkennen könnte und er nicht so gut dabei wegkommt, aber Leon hatte sich sogar darauf gefreut … ob sie alle nun als Belohnung für ihre – vor allem von Uwe und Kerstin mit großem Einsatz erbrachte – Unterstützung, die sie für die Reportage leisteten, einen für sie auch schönen Bericht zu sehen bekommen werden, das hoffe ich inständig … vor allem, dass sich Marvin, nicht wie befürchtet, dafür schämen muss.

Nicht dass er etwas gesagt oder getan hätte, das ihm hinterher peinlich sein müsste, aber sich selbst zu sehen und sich dann auch noch zu hören, fällt ja doch den meisten Leuten schwer.

Allerdings wird die Reportage vermutlich auch nur wenige Szenen enthalten, denn im Durchschnitt beträgt die Sendezeit pro Bericht knappe 5 Minuten und wenn ich nachrechne wie viele Stunden Material da der Schere zum Opfer fallen, dann finde ich es fast ein wenig schade um all die vielen liebevoll gedrehten Szenen, aber wenn es den schönen, interessanten und vielleicht für viele Zuschauer auch kuriosen Sequenzen nützt, dann war es den Aufwand auch wert.

So ist also auch unklar, ob unsere Vorführung, die wir dann bei uns am Nachmittag noch lieferten, indem wir unseren Trakehnerhengst ins Haus führten, gesendet wird, und auch die vielen Momente auf der Weide bei den Stuten, ihre Jagd nach dem „Puschelmikrophon“ das der Tonassistent vor ihnen in einer halsbrecherischen Flucht in Sicherheit bringen musste und die langen Interviews werden wohl schlussendlich so zusammengeschnitten, dass wohl auch wir uns wundern werden, was wir zeigten und sagten, aber ich hoffe das Beste.

Bestimmt waren die beiden Tage zum einen eine Bereicherung für unseren Erfahrungsschatz und zum anderen wieder eine Bestätigung für mich, dass die Bommeline der perfekte Hund ist und vollkommener auch nicht sein könnte, auch wenn das mancher Richter nicht so sehen würde.

Das Filmteam zeigte sich jedenfalls speziell von der Bommeline begeistert und selbst zu den Rauchpausen bat man uns, sie mit nach draußen nehmen zu dürfen – einzig die Warnung, dass es durchaus sein könnte, dass uns ein Hund fehlen könnte, wenn die Fernsehleute abfahren, stimmte mich etwas besorgt und ich zählte darum auch gleich dreimal nach, ob noch alle bei uns sind, als wir nach einem herzlichen Abschied von unseren Gästen wieder ohne Kamerabegleitung ins Haus zurückkehrten.

Für Bommeline war die Ruhe, die nun nach dem Trubel der vergangenen zwei Tage wieder auf dem Hof herrschte fast ein wenig langweilig, denn ich denke, dass sie es sehr genoss, im Mittelpunkt zu stehen, vor der Kamera posieren zu dürfen und ihr telegenes Talent unter Beweis zu stellen. Es würde mich also nicht wundern, wenn sie doch irgendwann mal entdeckt wird und man ihr eine Rolle in einem Hollywoodfilm anbietet, in der ein Hund der Star ist und die Menschen neben ihm zu Statisten werden … geübt hat sie ja nun 😉

… und bevor ich es vergesse: der Sendetermin wird voraussichtlich am Samstag den 17. September sein und es handelt sich um das RTL-Format „Explosiv – das Magazin am Wochenende“, aber per Email informierte uns die Regisseurin, dass die Reportage auch nach längerer Zeit nicht unaktuell wird und die aktuellen Themen, bei die quasi ein „Verfallsdatum“ haben darum immer kurzfristig auch wieder vorgezogen werden und die „zeitlosen“ Themen dann verschoben werden könnten.

Sabine Bröckel- Copyright © 2022