Gringo

Gringo WH Pura Raza Española
Geboren am 9. Mai 2003
Züchter: Wim van Poppel, Niederlande
Gekört für Pura Raza Española und im Hengstbuch 1 für Rheinland und Westfalen
Stockmass 1,66 m

Vater GRELO, Schimmel, geboren 1992 (mehrfacher Campeón de la Raza mit erfolgsverwöhntem Pedigree)
Mutter QUESERA VIII


Gringo WH überzeugte in Zucht- und Dressurprüfungen mit Erfolgen und glänzte als Schauteilnehmer mit seinem hervorragenden Charakter, seiner Leistungsbereitschaft und seiner Zuverlässigkeit:

2010
Teilnahme an der Calificado-Prüfung am 20. Juli 2010 in Lüttich, Belgien
Leider hat Gringo sich in der Morphologie-Prüfung so vertreten, dass er anfing zu lahmen und wir die weitere Prüfung zum Bedauern der Richter abbrechen mussten.
Showauftritt Nacht der Hengste – Valentino\’s Traum
Showauftritt Domselhof-Hengstschau

2009
Internationale PRE-Zuchtschau, Holland

Campeón de la Raza
Gesamtsieger der Sektion 10
Beste Bewegung aller gezeigten Pferde
Copa de la Noche, November 2009
Quadrille mit gestütseigenen Hengsten
SICAB 2009

2008
Copa Baroque, Zülpich
5. Platz A-Dressur
Internationale PRE-Zuchtschau, Holland/Deurne
2. Platz in der Morphologie Sektion 10
Internationale PRE-Zuchtschau, Belgien/Flemalle
Gesamtsieger der Sektion 10
Subcampeón de la Raza
Beste Bewegung aller gezeigten Pferde

2007
Internationale PRE-Zuchtschau, Kapellen

Bronce Medaille Sektion 8

Es begann mit einem Traum.
Einem andalusischen Traum.
Ihn zu erfüllen, schien bislang
die Zeit jedoch nicht reif zu sein
denn die Vollkommenheit
im Wesentlichen zu erkennen
des Auges klare Sicht nicht zu vertrauen
das zeigt was offensichtlich scheint,
doch nicht was wahrlich ist
der Seele Ausschau zu gewähren
nach dem, der unsichtbar für jeden Blick
Verborgen wartend auf den Moment
in welchem sich die Pforte öffnet
ihn einlässt in mein Herz
den wahren Glanz mir offenbarend
der Schönheit ehrlichstes Gesicht bescheinend
schien fern – schien unerreichbar fern.Doch als das Königreich verlassen lag
der Vorhang der Vernunft sich lichtete
Der Blick sich in das Innen richtete
Der Geist sich auf die Reise machte
Ich nicht an wenn und aber dachte
Da fiel ein Licht auf einen
Dem nun bereit, ich zu begegnen war.
So trat er ein, der neue König
Eroberte das Königreich
Und unsere Herzen
Die längst ihm schon gehörten
Nur waren sie zuvor nicht frei
Die Schatten des Vergangenen
Vertreibt er nun mit seinem Schein
Der helle Glanz des Erben
Er möge ewig sein


„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“
(Antoine de Saint-Exupéry aus seinem Werk „Der Kleine Prinz“)

Lange hat es gedauert, bis ich begreifen durfte, wie man dem Herzen erlaubt zu sehen. Man muss bereit sein, die Augen dafür zu schließen, doch das ist schwer, denn wo der Blick das Licht nicht trifft, herrscht Dunkelheit, die einen ängstigt. Man muss wissen, dass es sich lohnt, sich führen zu lassen und dem zu vertrauen, der den besten Weg kennt. Man muss auch wissen, dass einem kein Leid geschehen wird, während man ihm mit geschlossenen Augen folgt, denn sonst droht man zu stolpern, während man blinzelt und nicht genug sieht, um den Weg zu erkennen, aber zuviel Beachtung an das Gesehene verschenkt, um weiterzugehen, ohne dass man sich verläuft.

Wer die Augen öffnet, der schaut dahin, wohin alle schauen und verliert die Orientierung, denn er richtet sich nach dem Glanz des Äußeren. Vielleicht ist es leichter, wenn der Blick, von Tränen blind sich trübt, das Glück im Inneren zu suchen. Vielleicht muss man lernen zu lieben, wenn man loslässt, denn wenn man einen gehen lassen kann, dessen Licht einen glänzen ließ, begreift man, dass die Wahrhaftigkeit der Liebe nichts und niemanden festhält, den es verlangt zu reisen … und man begreift, dass man selbst imstande sein kann zu glänzen.

Als Irco am 23. Februar 2012 starb, war es ein trüber Tag. Nicht nur, weil ich meinen wunderbaren, einzigartigen Freund verlor, sondern auch, weil die Wolken sich vor das Licht der Sonne gestellt hatten. Ich weiß nicht, wie lange ich neben ihm gesessen hatte, aber ich erinnere mich, dass ich ihn um Verzeihung bat für alles, was ich in meinem Ehrgeiz von ihm verlangt hatte und dass ich ihm erlaubte zu gehen, auch wenn er den Glanz mitnimmt, in dem ich mich so lange sonnen durfte und von dem immer auch ein Teil auf mich gefallen war. Vielleicht waren es die richtigen Worte, die ich gefunden hatte, denn die dunklen Wolkengebirge öffneten einen Weg für einen einzigen goldenen Sonnenstrahl, der auf Ircos toten Köper fiel und es war, als wäre die Brücke zu ihm hinabgelassen worden, damit er auf ihr hinaufgaloppieren kann.

Nun hatte Irco also sein Königreich verlassen, doch es zu vererben, war mir ein furchtbarer Gedanke, den ich weit von mir schob. So vergingen fast sechs Wochen, bis ich mich mit der Vorstellung anfreunden konnte, einen neuen König einzuladen, in Ircos Hufspuren treten zu dürfen … oder um ehrlich zu sein, war es wohl doch eher das Bedürfnis nach Gesellschaft, dass der Schimmelige immer deutlicher zum Ausdruck brachte. Auch wenn er zunächst die Alleinherrschaft genoss, wurde ihm doch irgendwann bewusst, dass die auch ihre Nachteile birgt und die Einsamkeit begann ihn ernsthaft zu betrüben.

Ein Erbe sollte also gesucht werden und so formulierten wir unsere Vorstellungen in einem Inserat:

Wir suchen für unseren 19 Jahre alten Trakehnerhengst einen Freund, nachdem wir am 23 Februar seinen langjährigen Hengstgefährten erlösen lassen mussten. Natürlich stellen wir die Hengste nicht auf eine gemeinsame Weide, sondern haben hengstgerecht eingezäunte Wiesen, zwischen denen jeweils eine Weide liegt, sodass sich die Hengste sehen, aber nicht erreichen können. Wir füttern dreimal täglich und die Hengste werden nicht geritten, sondern stehen von morgens bis abends auf der Weide und nachts in Boxen mit Aussicht nach draußen.

Als eine der ehemals größten EU-Hengststationen für gescheckte Sportpferde, Oldenburger und Trakehner, die jedoch vor zwei Jahren ihren aktiven Betrieb einstellte, haben wir seit 20 Jahren Hengsterfahrung und können einem Hengst ein artgerechtes Leben bieten. Wir stellen keine Ansprüche an die Abstammung oder die Reitbarkeit des Hengstes, da wir ihn weder züchterisch, noch reiterlich einsetzen wollen – seine einzige Aufgabe ist es, dass sich unser Hengst nicht mehr alleine fühlt, nachdem die Box neben ihm nun schon fast zwei Monate leer blieb und er um seinen Freund trauert. Allerdings solle es sich idealer Weise um ein Großpferd handeln, das nicht unter den Zäunen hindurchflitzen kann. Selbstverständlich sichern wir auch schriftlich zu, dass wir dem Hengst eine Lebensstellung bieten und er keinesfalls weiterverkauft werden soll.

Natürlich könnten wir nun auch einen Hengst kaufen, der geritten werden kann und vielleicht sogar züchterisch eingesetzt werden könnte, aber wir würden diese Chance gar nicht nutzen können und wollen darum bewusst einem Hengst eine Chance geben, der sonst vielleicht keine andere Alternative finden könnte, als den letzten Weg zu gehen. Wir sind keinesfalls auf der Suche nach einem zukünftigen Reitpferd oder Zuchthengst – bitte bieten Sie uns ihren Hengst nur an, wenn Sie bereit sind, ihn gegen einen Schutzvertrag oder ein Euro-Kaufvertrag mit Vorkaufsrecht zum Kaufpreis von einem Euro abzugeben

Sollten Sie also für ihren Hengst einen Lebensplatz suchen, wo er geliebt, gehegt und gepflegt wird, dann melden Sie sich bitte telefonisch unter 05494 8170. Da wir unsere Stuten nur auf die Sommerweise schicken können, wenn gewährleistet ist, dass unser Trakehnerhengst dann nicht ganz alleine auf dem Hof zurückbleibt, hoffen wir auf einen raschen Einzug des neuen Familienmitglieds im Hengststall. Informationen zu uns und zum neuen Zuhause Ihres Hengstes finden Sie unter www.architequus.de

Ein wenig bereuten wir, diese Anzeige geschaltet zu haben, denn dass uns so viele Hengste angeboten wurden und wir uns nun vor einen Entscheid gestellt sahen, der im schlimmsten Fall ein Pferdeleben beenden würde, wenn wir uns gegen es entscheiden, wurde zu einer schweren Bürde, die wie eine Last auf unseren Schultern drückte.

Dennoch war keiner der Hengste einer, der mein Herz berührte … sicher wollte ich am liebsten alle zu uns nehmen und ihnen ein schönes Zuhause geben, in dem sie alt werden dürfen, aber obwohl wirklich wunderbare Pferdeherren um Asyl baten, konnte ich mich für keinen spontan entscheiden … doch in meiner Angst, dass wenn ich absage, es für den einen oder anderen vielleicht kein Morgen gibt, auch nicht gegen einen von ihnen.

Doch tief im Inneren gab es da einen Traum, den ich seit 35 Jahren träumte und den ich nie verwirklicht hatte, weil meine Ansprüche an unsere Hengste sich immer an denen des Marktes der Pferdekäufer und an denen der Turnierrichter orientierten. Als ich ungefähr 14 Jahre alt war, durfte ich einen Hengst der Pura Raza Española reiten. Sein Name war El Re und es war ein metallisch glänzender falbfarbener Traum, der mich eher als Passagier duldete, als dass ich im Stande gewesen wäre, ihn meinen Hilfen folgen zu lassen, aber die Faszination begleitete mich nicht nur, während ich in seinem Sattel zu Gast sein durfte, sondern noch 35 Jahre darüber hinaus.

Man mag glauben, dass es ein Leichtes gewesen wäre, mir diesen Traum zu verwirklichen, denn Hengste kauften wir, gerade in den letzten 16 Jahren doch einige und doch konnte ich mich nie durchringen, denn die Sorge, einem Pferdekönig die Regentschaft über die Stuten anzubieten, der nicht die züchterischen Voraussetzungen erfüllte, welche die Warmblutzuchtverbände einem Vererber auferlegen und mit dem ich in den Dressurprüfungen noch exotischer auftreten würde, als ich das mit den gescheckten Pferden schon tat, beherrschte mein Verstandsdenken zu sehr. So beschloss ich, dass ich mir meinen andalusischen Traum zum 70. Geburtstag erfüllen würde, einem Zeitpunkt, von dem ich zumindest annehmen durfte, dass ich dann nur noch meinen persönlichen Ansprüchen Genüge würde tun können, ohne mich nach anderen richten zu müssen oder mir gar neues züchterisches Wissen anzueignen gezwungen sein würde, um auch die Züchter der Pura Raza Española beeindrucken zu können.


Dass ich mich von all diesen Konventionen viel früher befreite, nämlich 21 Jahre vor meinem Siebzigsten, war eher nicht geplant. Vielleicht darf ich annehmen, dass ich schneller zu der Erkenntnis reifte, dass ich gar nicht dem züchterischen und reiterlichen Mainstream folgen soll, sondern mir bewusst machen muss, was ich selbst mir wünsche, um mich ganz entspannt und von der Meinung anderer unbeeinflusst zum PRE bekennen zu können und fern von züchterischen Ambitionen, sportlichen und vermarktungstechnischen Zwängen, offen war für ein ganz neues Abenteuer.

Trotzdem begegnete mir mein andalusischer Traum in meinen Überlegungen, als wir uns durchgerungen hatten, Ircos Königreich weiterzuvererben. Tatsächlich fand ich auch über eine Suchmaschine, in der ich „Beisteller abzugeben“ eingegeben hatte, einen PRE Hengst, der offensichtlich wegen akuter Rückenprobleme unreitbar geworden war und für den nun ein neues Zuhause gesucht wurde. Dass ich die angegebene Nummer wählte, war mehr dem Gefühl geschuldet, es zumindest versucht zu haben, denn dass meine Bemühung Früchte tragen könnte, bezweifelte ich, ohne dass ich wusste warum, denn das Inserat klang nicht verkehrt. Man mag es Intuition nennen, denn tatsächlich handelte es sich nicht um einen Hengst, sondern um einen Wallach und die Rückenprobleme entpuppten sich als Sehnenschaden, dessen Heilung eine sechsmonatige Stehzeit erfordern sollte.

Nun war es unsere Intention nicht, ein Pferd zu uns zu nehmen, das die Box hütete, während der Schimmelige alleine draußen auf der Weide steht und nach Ircos langer und immer wiederkehrender Lahmheit, die bereits den Unmut des Veterinäramtes herausgefordert hatte, wollte ich nicht wieder ein hinkendes Pferd beherbergen, dessen Euthanasie irgendwann von Amts wegen angeordnet würde, weil

„das Pferd keine Lebensperspektive mehr hat, die ihm einen Nutzen als Reitpferd in Aussicht stellt“

– so sehen das die Herren vom Amt nämlich, wenn man einem unreitbar gewordenen Pferd noch ein paar gute Rentnerjahre auf der Weide gönnen möchte. Vor allem aber fehlten dem andalusischen Schimmel zwei Argumente, nämlich seine Hoden, um ernsthaft von uns als Freund für den Schimmeligen in Erwägung gezogen zu werden – nicht dass wir etwas gegen Wallache hätten, aber der Schimmelige ist da leider generell nicht so aufgeschlossen wie wir. Dazu kam, dass uns auch der Gedanke bedrückte, einen Wallach zur Einzelhaft auf der Weide zu verurteilen, nur damit ihn der Schimmelige sich betrachten kann und sich nicht einsam fühlt, obwohl einem Wallach der Verlust seiner Männlichkeit doch wenigstens den Gewinn eintragen sollte, als Herdenmitglied mit anderen Pferden auf der Weide oder gar in einem Offenstall zusammen sein zu dürfen … der andalusische Traum schien erst einmal wieder ausgeträumt zu sein und zur Auswahl standen weiterhin mehrere zweijährige Ataktiker, ein Araber, zwei gekörte und leistungsgeprüfte Deckhengste, die nicht mehr sporttauglich waren, ein englischer Vollblüter, der es nicht einsehen wollte, dass es bei seinem Job als Rennpferd ums Siegen geht, diverse Hengste ohne Abstammung aller Couleur, ein Pferdejunge, der an periodischer Augenentzündung erkrankt war und somit züchterisch und reiterlich keinen Nutzen mehr bringen konnte, zwei Trakehner Jünglinge, aber kein PRE.

Dann träumte ich eines Nachts – genau elf Wochen nach Ircos Tod -, dass ich in einem Raum stehe, der gefüllt war mit bis zur Decke hohen Bücherregalen und sie alle hätte ich mitnehmen dürfen. Allerdings gab es eine Empore, auf der viele Menschen standen, die nur darauf zu warten schienen, dass ich den Raum verlasse, um dann die von mir verschmähten, restlichen Bücher mitzunehmen. Also begann ich die Bücher in Kisten zu packen … nicht dass ich sie sorgfältig auswählte – nein, ich griff in die Regale und packte ein, was in die Kisten passte, denn schließlich sollten alle Bücher mitgenommen werden. Nachdem bereits zwei Kisten bereit standen und ich schon dabei war, eine Dritte mit Büchern zu füllen, kam eine Freundin in den Raum und bot mir an, mit ihr nach Hause zu fahren, räumte jedoch ein, dass in ihrem Auto zu wenig Platz vorhanden sei, um alle Bücher mitzunehmen.

Für die beiden fertig eingeräumten Kisten, so meinte sie, würde sie wohl freien Raum schaffen können, aber jede weitere wäre keinesfalls unterzubringen. So stand ich also vor dem Entscheid, nicht mitfahren zu können oder mich auf die beiden Kisten mit Büchern zu beschränken und alle weiteren denen zu überlassen, die bereits darauf warteten, sie sich zu nehmen. Während ich überlegte, hielt ich ein Physikbuch in der Hand. Meine Freundin war darüber sehr erstaunt und fragte mich, was ich denn mit einem Physikbuch anfangen möchte, nachdem mir Zeit meines bisherigen Lebens solcherlei Wissenschaften doch eher fremd geblieben sind.

Ich erklärte ihr daraufhin, dass ich es vielleicht irgendwann einmal gebrauchen könnte und mich dann ärgern müsste, wenn ich es anderen überließ. Da antwortete sie mir, dass es doch nur ganz wenige Bücher gäbe, die ich wirklich brauche und die mir wertvoll wären und dass es doch besser sei, nur diese wenigen mitzunehmen und alle anderen denen zu überlassen, welche die restlichen Bücher wirklich gebrauchen könnten. „Beschränke Dich auf das Wesentliche und blockiere nicht, was für Dich nicht von Wert sein kann“, bat sie mich und mit einem Mal war es ganz leicht, den wartenden Menschen all die Bücher zu überlassen, die nicht in meine Kisten passten und die zurückzustellen, welche mir gewiss nicht nützlich wären, aber an denen sich sehr wohl andere Menschen erfreuen könnten.

Als ich aufwachte, wusste ich, dass es Zeit war, all die uns bislang angebotenen Hengste abzusagen und ich wusste, dass sie nicht für mich bestimmt waren und es falsch war, sie zu blockieren, während sie vielleicht jemanden anderen glücklich machen würden, der ihnen auch sein Herz öffnen konnte.

Als ich die letzte Absage formuliert hatte (gut … ich will ehrlich sein, denn es gab noch zwei Optionen, die aber immer unwahrscheinlicher wurden), klingelte das Telefon und bevor ich den Anruf entgegen nahm, wusste ich, dass der Richtige meine Einladung nun annehmen hatte können, nachdem ich bewusst für den einen den Platz frei gemacht hatte, der meinen wesentlichen Wunsch erfüllte und Ircos Erbe antreten sollte.

Ich gebe zu, dass ich jenes Kribbeln spürte und die Schmetterlinge im Bauch, die mir so deutlich machten, dass es keinen Grund gibt, lange nachzudenken oder gar zu zögern … denn am Telefon wurde uns ein andalusischer Traum angeboten und so zog Gringo WH am Dienstag, den 15. Mai 2012 bei uns ein.

Gewiss mag ich es nur ungern als Glück bezeichnen, dass er sich bei der Teilnahme an der Calificado-Prüfung am 20. Juli 2010 in Lüttich, Belgien in der Morphologie-Prüfung so vertreten hat, dass er zu lahmen begann und nach der Diagnose einer Fesselträgerverletzung trotz intensiver Behandlung und ausgiebiger Ruhepausen kein dauerhaftes Training mehr möglich war … und doch erfüllte sich mein andalusischer Traum, während der seiner Eigentümerin Simone Lienert vom Gestüt Caballos de la luz und der von Gringos Reiterin Dina Hodde, in deren liebevoller Betreuung er die ihm gegebene Zeit nicht nutze, wieder einsatzbereit zu werden, zerbrach. Zwar nahm er vom 23.-26.02.2012 noch an der Göteborg Horse Show – ein Reitturnier der Kategorie CSI5*-W/CDI-W mit Qualifikation zum Rolex FEI World Cup Jumping und Reem Acra FEI World Cup Dressage – im Showprogramm teil, doch die Genesung war nur vorübergehend.

Ob es eine Art Fügung des Schicksals war, dass Gringo zu der Zeit wieder zu lahmen begann, zu der Irco sein Königreich frei gab, um es an einen Erben abzutreten? Vielleicht hat er von Irco, der auf den himmlischen Weiden grast, den Tipp erhalten, dass die irdischen Weiden nicht länger leer bleiben sollen … vielleicht sah es einfach auch das goldene Schicksalsbüchlein des Himmlischen so vor, dass Gringo ein Leben als „Frührentner“ dem eines erfolgreichen und viel bejubelten spanischen Deckhengstes vorzieht.

An Beifall für ihn sparen wir natürlich auch nicht und dass er, obwohl er in Holland geboren wurde, einen umwerfend spanischen Matcho-Charme versprüht, liegt vermutlich in den PRE-Genen, doch selbst seinen neuen Menschenfreund Michael, den besten Ehemann von allen, hat er sofort um seinen Huf gewickelt und bei der wahren Männerliebe, spiele ich eigentlich nur noch eine Nebenrolle als Apfelscheibchenserviererin.

Doch seine Rolle in meinem Leben ist eine viel größere und wichtigere, als ich sie für ihn spielen kann.


Ich möchte keineswegs posthum an Ircos Glanz und Glorie kratzen, denn das hätte er nicht verdient, doch er war unser letzter Schecke und in den letzten Jahren nach Sambucos Tod kam mir oft der Gedanke, dass es vielleicht nie im Sinn des Himmlischen war, dass wir bunte Pferde züchten, denn das große Glück mit ihnen, das bleib uns versagt. Vielleicht, weil mir meist der tiefe Glaube an die Gescheckten fehlte, wenn ich ihnen die Qualität der „Einfarbigen“ vergleichend gegenüberstellte und bekennen musste, dass all die Zweifler und Scheckengegner nicht ganz unrecht haben, wenn sie den Scheckenzüchtern vorwerfen, dass beim positiven Körurteil vielfach die interessante und auffallende Farbe eine übergeordnete Rolle spielt und so mancher Hengst ohne seine „Flecken“ selbst in einem Lot von durchschnittlichen Hengsten wenig Chancen hätte, die Kommission aufgrund seiner Exterieurattribute oder seiner Bewegungsmechanik zu überzeugen.

Wenn es also nicht meine tiefste Überzeugung war, die Pate bei meinem Entscheid stand, gescheckte Warmblüter zu züchten und es nicht Gottes Plan war (sonst wäre der ja nicht so schief gegangen), dann war es wohl meine Eitelkeit, mich von der breiten Masse abheben zu können, weil meine Pferde – zumindest äußerlich – so besonders sind.

Hätte ich wohl vor zehn Jahren den Entscheid getroffen, die Pura Raza Española zu züchten, dann wäre ich wohl auch eher ihrem äußeren Erscheinungsbild erlegen und mein Streben wäre wohl gewesen, meinen andalusischen Traum mit der Konkurrenz zu messen, den Vergleich zu suchen, um seinen züchterischen und reiterlichen Wert zu erfassen.

Gringo ist hingegen das erste Pferd überhaupt, für das ich mich nur allein mit dem Herzen entschied, ohne dass ich dabei den Vernunftgedanken berücksichtigen musste, dass ein Pferd bestimmte Ahnen im Pedigree haben sollte oder bestimmte Prüfungen absolviert haben muss. Selbst bei meinem Irco spielte beim Kauf auch eine Rolle, dass er ein gekörter und leistungsgeprüfter Hengst war, der nicht nur Geld kostet, sondern auch welches verdienen kann. Sogar bei meinen ersten Pferden Little Lady und Royal Flash standen meine sportlichen Ambitionen im Vordergrund der Auswahl.

Gringos Ahnen lesen sich zum Glück für mich wie böhmische Dörfer und so konnten sie meinen Entscheid genauso wenig beeinflussen, wie seine Bewegungsmechanik, die er nicht brauchen wird, um einen Zucht- oder Turnierrichter zu beeindrucken oder zu überzeugen, denn er soll weder meinem züchterischen, noch meinem reiterlichen Ehrgeiz dienen. So kann ich mich an diesem wunderbaren Pferdejungen einfach freuen, ohne dass ich ihn an ein Maß anlege, anhand dessen Werterfassung ich seine Hengstqualität beurteile … das ist das Schöne, wenn man sich dem zuwenden darf, was einem selbst wichtig ist und was man sich wünscht: Man muss nicht immer alles auf seine Perfektion prüfen. Dass ich aber genau in dem Moment das vermutlich perfekte Pferd in Gringo fand, als ich es nicht mehr nach seinen augenscheinlichen Vorzügen bewerten musste, zeigt mir, dass man nur auf der Suche nach dem Wesentlichen der Vollkommenheit begegnen kann, die man nur mit dem Herzen erkennt.

Es mag vielleicht sein, dass Gringo nicht für jeden Betrachter die Perfektion verkörpert, die sich mir offenbart, weil ich ihn mit dem Herzen betrachte, doch ich habe nun, nach so vielen Jahren den Sinn verstanden, warum der Fuchs dem kleinen Prinzen verrät, dass man nur mit dem Herzen gut sieht … weil das Wesentliche für die Augen derer, welche die Perfektion im Außen suchen, unsichtbar ist.

Willkommen zuhause, Gringo!


Wir danken Simone Lienert vom Gestüt http://www.caballos-de-la-luz.de für ihr großes Vertrauen, Gringo an uns zu übereignen