Herba

18. Mai 1987 – 16. März 2004


Du hast aufgehört zu atmen

Einfach so

Und mir

Fassungslos

Hoffnungslos

Machtlos

Trostlos

Bleibt nichts

Nur die Tränen um dich

Die Trauer

Die Leere

Die Erinnerungen

Du hast aufgehört zu leben

Einfach so liegst du

vor mir

Bewegungslos

Leblos

Atemlos

Und ich bitte unseren Schöpfer

Dich zu wecken

Mich zu wecken

Aus der Dunkelheit des Traumes

aus dem es kein Erwachen gibt

Du hast aufgehört bei mir zu sein

Einfach so ist Stille um mich

In mir ist

Traurigkeit

Verständnislosigkeit

Mutlosigkeit

und der Schmerz greift nach meinem Herzen

mit eiskalter Hand –

mit eiskalter Hand

Hat er dich zu sich geholt

Der Leben schenkt und Leben nimmt

Ich kann nicht aufhören dich

in meinem Herzen zu tragen

Einfach so

Ich rufe deinen Namen

Er verhallt

in der Unendlichkeit der Ewigkeit

Aber wenn die Nebel der Trauer sich lichten

und die Sterne der Zuversicht mit ihrem Leuchten die Finsternis der Verzweiflung

in mir

durchbrechen

Weiß ich ganz sicher

Dort hinter dem Horizont

Wo der Himmel die Erde und das Meer berührt

Werden wir uns wieder begegnen

Irgendwann mein unvergessliches Mädchen irgendwann …

Für Herba

Manchmal scheint das Leben ein sehr unfaires Spiel zu sein …

Herbas Trächtigkeit neigte sich dem Ende zu und der Geburtstermin für ihr Fohlen war auf den 23. März berechnet. Doch das Pferdekind in ihrem Leib wollte nicht mehr so lange warten, um das Licht der Welt zu erblicken und so nahmen wir auch an, als Herba am 16.03.04 morgens um 7 Uhr Wehen hatte, dass wir uns gleich über unser neues Fohlen von ihr freuen dürfen …

Aber Herba legte sich hin und hörte einfach auf zu atmen.

Später wurde ich immer wieder gefragt, warum ich nicht versucht hatte, zumindest das Fohlen noch aus der Stute zu ziehen, aber zum einen hätte ich das nicht gewollt, denn wenn es in Herbas Sinn gewesen wäre, uns das Fohlen zu schenken, dann hätte sie das getan. Sie hat es aber mitnehmen wollen und unser Respekt vor der geliebten Stute verbot es uns, ihren Wunsch nicht zu respektieren.

Zum anderen war da diese Fassungslosigkeit, die mich zuerst gar nicht begreifen ließ, dass Herba uns für immer verlassen hatte.

Ich kniete vor dem riesigen schwarzen Körper, aus dem das Leben gewichen war und ich betete, sie möge nur schlafen und ich hoffte, dass sie gleich aufsteht, sich schüttelt und alles wäre wieder gut. In meinem Kopf war diese Stimme, die mir immer wieder sagte:“ Herba ist tot“, aber mein Gehirn war wie vernebelt und ich spürte nur die Enge in meiner Brust und die Tränen, die in meine Augen stiegen und meine Kehle zuschnürten. Mechanisch klopfte ich auf ihre Hinterhand und bat sie zu atmen und aufzustehen, aber Herba war gegangen und das Leben war dem Tod gewichen.

Ich kniete vor ihr und als ich sie nun noch ein letztes Mal streichelte, da berührte meine Hand ihr Fell – und doch war es nicht Herbas Fell. Es war nicht Herbas vertrauter Duft, den ich einatmete, als ich mein Gesicht auf ihre Hinterhand legte und meine Tränen ihr schwarzes seidiges Haar nässten.

Der Glanz aus ihren Augen war gewichen und ich schloß meine Lider, um den Tod nicht zu sehen und dann schloß ich die ihren. Das Zittern ihres Leibes hatte aufgehört und so hatte auch das Leben darin seinen Frieden gefunden und folgte der Mutter in die Ewigkeit.

Es war an der Zeit, Abschied zu nehmen. In mir und um mich war es dunkel geworden. Der Tod war gekommen und mit eiskalter Hand hat er meine Herba geholt. Kein Hauch, kein Pulsieren erinnerte daran, dass hier gerade noch ein Pferdeleben existierte … zwei Pferdeleben existierten.

Ich weiß nicht, wie lange ich neben ihr gesessen habe – der Schmerz betäubte mein Gefühl für die Zeit, aber als unser Nachbar mit seinem Trecker auf den Hof fuhr und die Ketten leise klirrten, die sich kurz darauf um Herbas schlanke Fesseln legen sollten, um sie aus der Box zu ziehen, in der ihr Lebenslicht erloschen war, da wusste ich, dass gehen musste. Ich wollte nicht sehen, dass ihr Körper übers Pflaster geschleift, ihr glattes Fell über raue Steine gezerrt wird. Ich wollte sie so in Erinnerung behalten, wie sie gelebt hatte, aber wenn ich meine Augen schließe, dann sehe ich noch heute, wie sie stumm und bewegungslos in der Box liegt. Ich höre die Ketten, das Geräusch des Treckermotors, den Kadaverwagen … ich hatte mir die Ohren zugehalten und war weggelaufen, aber es erreichte mich trotzdem.

Als es still wurde, da habe ich meine Verzweiflung und meinen Zorn auf den Schöpfer heraus geschrien. Dann habe ich mich zusammengekauert unter einer Decke und ich habe geweint. Ich habe geschluchzt bis ich keine Tränen mehr hatte und meine Augen brannten. Ich wollte allein sein mit meinem Schmerz und ich habe gebetet, habe mit unserem Schöpfer gesprochen und gehadert mit ihm.Ich habe Vorwürfe in den Himmel geschickt und ihn gefragt, warum er Herba zu sich holen musste. Eine Antwort blieb er mir schuldig.

Der Tierarzt vermutete einen Aortariss, doch wen interessiert, an was Herba starb? Sie ist tot und keine Diagnose könnte ihr den Hauch des Lebens zurückgeben.

17 Jahre alt wurde Herba. Sieben Jahre durften wir gemeinsam lebensreisen.

Eine zu lange Zeit, sie einfach zu vergessen und abzuhaken, eine viel zu kurze Zeit, als dass sie schon hätte zu Ende gehen dürfen. Es tut weh eine Freundin wie Herba zu verlieren und es reisst einem schier das Herz aus der Brust, wenn man vor ihrer Box steht, in der einem keiner mehr erwartet.

Sie war eine Persönlichkeit, die eine große Lücke hinterlässt.

Ihre Kinder waren besonders, wie sie selbst. High and Mighty v. Kennedy, geboren 1993 ging über die Auktion auf dem Klosterhof für 70.000 DM an Frau Salzgeber und war bis M erfolgreich.

Habbel v. Polarpunkt, geboren 1996 ist ebenfalls ein Dressurpferd geworden und seine Schwester Hekate, die ein Jahr später zur Welt kam ging in die Zucht. Herzchen von Polar Kristall wurde 1998 geboren und vierjährig Reservesiegerin an der Zuchtschau in Tarmstedt. Autumns Pride v. Abenteuer kam im Jahr 2000 zur Welt und soll ebenfalls im Viereck Erfolge sammeln und die letzte Tochter, Abalone v. Abenteuer vertritt ihre Stutenfamilie in den Niederlanden.

Herba lebt in ihren Kindern, in unseren Herzen und Gedanken weiter und manchmal, wenn ich in den sternenklaren Nachthimmel schaue, dann leuchtet ein Stern viel heller als die anderen und blinkt und glänzt so strahlend und dann weiß ich, dass da unser schwarzes Mädchen mir zuzwinkert und ich bin ganz sicher, sie passt von dort nun auf uns auf.