Verbena alias Krümelchen

Ihr Lieben,

 

Wie Ihr ja wisst, haben wir am 4. Januar unsere Bommeline gehen lassen müssen. Ihren Platz hatten wir dann aus zwei Gründen nicht wieder neu vergeben – zum einen, weil sie so wunderbar und einzigartig war, dass die Pfotenabdrücke in unseren Herzen und Seelen, die sie hinterließ, einfach nicht von einem anderen Hund zu füllen gewesen wären. Wir haben sie ja schon zu Lebzeiten auf den Sockel der unerreichbaren Kaiserin vom Forsthof gestellt und eine Nachfolgerin hätte sich irgendwie vermutlich doch an ihr messen lassen müssen … und dennoch dem Vergleich nie stand halten können. Es wäre also nicht fair gewesen, eine Hündin zu uns zu nehmen, die keine Chance gehabt hätte, Bommis Thron zu besteigen.

 

Zum anderen wussten wir leider schon kurz nach Elvis Einzug, dass wir mit ihm, nach Müsli, wieder einen Leonberger mit einer LPN1-Genmutation zu uns eingeladen hatten. Natürlich wäre das niemals ein Grund gewesen, Elvis keinen Platz auf unserem Sofa anzubieten – wir liebten ihn trotzdem oder gerade darum noch intensiver, weil wir schon ahnten, dass seine Zeit schneller ablaufen würde und wir diese Zeit mit noch mehr Glück würden füllen müssen, damit sein Leben reich war.

 

In dieser Situation wollten wir ihm auch keinen „Zweithund“ zumuten, denn Elvis genoss es so sehr, dass sich unsere Welt nur noch um ihn drehte und war so dankbar, dass nun er den Thron besteigen durfte, den die Bommeline so lange besetzt gehalten hatte. Er hätte es wohl auch nicht gut verwunden, wenn eine neue Hundefreundin ihn wieder von seinem Regierungssitz heruntergeschubst hätte. Darum durfte er dann auch der Mittelpunkt bleiben und sollte unsere Liebe nicht teilen müssen – ich denke, das waren wir ihm einfach schuldig.

 

Als die Bommeline starb, waren Elvis´ Symptome ja auch bereits deutlich wahrnehmbar. Natürlich haben wir mit unserem Tierarzt gesprochen, sogar gehofft, eine Kehlkopfoperation könnte Elvis helfen, wieder besser Luft zu bekommen, aber das Problem der Nervenlähmung ist, dass sie auch auf den Bewegungsapparat übergreift und Elvis bereits so extrem stolperte und leider auch nur noch sehr eingeschränkt Reize an den Pfoten wahrnahm, dass der Tierarzt uns von der Kehlkopf-OP abriet, weil sie nur eine gesundheitliche Baustelle geschlossen hätte (wobei die Gefahr des Verschluckens, die bei Elvis sowieso schon ausgeprägt war, sich vergrößert hätte) und die Lähmung der Gliedmaßen nicht hätte aufhalten können.

 

Wie schon bei Müsli konnten wir also nur die Symptome durch die Behandlung einschränken, aber den Grund dafür nicht heilen.

 

Als dann Elvis Zustand sich innerhalb von wenigen Tagen massiv verschlechterte und er bei minimaler Belastung schon nach Luft rang und seine Lunge sich bereits so sehr mit Flüssigkeit gefüllt hatte, dass uns die Tieärztin auch nicht mehr zu Cortison raten konnte, weil sie überzeugt war, dass es sein Leiden zwar lindern könnte, aber eben auch nur noch ein paar Tage Aufschub gegeben hätte … die für Elvis wahrscheinlich eher Qual als den Genuss der verbleibenden Zeit bedeutet hätte, mussten wir auch ihn loslassen.

 

Noch immer ist es für uns unfassbar, dass nun auch er nicht mehr bei uns ist – zuerst war es wie eine Erstarrung, die sich langsam löste und den Schmerz noch deutlicher fühlbar werden ließ.

 

Nun kann es sein, dass Glück den Schmerz lindert – Freunde rieten uns, gleich wieder einen Hund einziehen zu lassen, um uns von unserer Trauer abzulenken. Wer uns kennt, weiß aber auch, dass wir uns schwer tun, einen Platz, der gerade verlassen wurde, so schnell neu zu vergeben. Insofern vertreten wir eher die These, dass der Schmerz weitgehend geheilt sein sollte, bevor man dem Glück die Tür öffnen kann.

 

Aber die Leere, die nun entstanden ist, macht es fast unmöglich, das Vermissen nicht täglich in seiner ganzen Schmerzhaftigkeit zu fühlen.

 

So haben wir nun den Entscheid getroffen, ein oder zwei Herzkämmerchen anzubauen, damit dahinein das Glück wieder einziehen kann. Das ist nicht ganz leicht, weil die Sorge dabei bleibt, dass ich Elvis, den treuen und wunderbaren Leojungen verrate …

 

Meine Angst war es ja schon, dass ich die Kaiserin Bommeline, wenn sie denn zurückkehren möchte, vielleicht verpasse oder nicht finde, aber dass ich auf sie warte und sie selbstverständlich ihren Thron wieder besteigen darf, darüber besteht hier kein Zweifel – insofern waren wir auch schon offen dafür, ein Leonbergermädchen bei uns willkommen zu heißen, wenn in seinem Flauschfell unsere Bommelinenseele steckt.

 

Nach Elvis Tod waren wir aber sicher, dass er nun erst einmal bei seinem Herrchen Michael bleiben möchte. Wir haben ihn sehr, sehr gerne für ihn gehütet, nachdem Micha über die Regenbogenbrücke ging und seinen Elvis nicht mitnehmen konnte. Aber ein bisschen blieb er eben immer seines verstorbenen Herrchens Hund und wir denken, dass – auch wenn der Gedanke noch weh tut – wir ihn loslassen und ihm die Freiheit geben müssen, da zu sein, wo er sein möchte.

 

Gleichzeitig war es eigentlich auch immer der Wunsch des besten Ehemanns von allen und unserer Tochter Nixi, dass Anka zu uns zurückkehren dürfen sollte. Nicht dass ich sie auch noch immer vermisse und sie gerne wieder bei uns hätte, aber mein Glück war mit den Leos durchaus schon ziemlich vollkommen.

 

Mein Wunsch wäre es also definitiv, dass ich mich immer wieder für ein Leomädchen entscheiden dürfte, denn ganz ohne Leo … nein, das möchte ich mir gar nicht vorstellen müssen. Natürlich entsetzte meine Mutter die Nachricht, dass ich wieder nach einem Leonberger schaue, denn sie vertritt die Meinung, dass drei jung gestorbene Hunde zwei Argumente zuviel gegen einen Leo sind. Sie mag vielleicht sogar recht haben, aber wenn der Verstand das Herz regiert, dann fehlt die Liebe … und die gehört nun mal den Leonbergern.

 

Trotzdem möchte ich mich nicht gegen den Wunsch meiner Familie nach einer „Anka“ stellen … darum sollen eigentlich (ja, ich weiß, wenn man den lieben Gott zum Lachen bringen will, dann schmiedet man Pläne) zwei Herzkämmerchen angebaut werden – eins für ein Langhaarschäferhundmädchen und ein für eine Leonbergerin.

 

Ich möchte aber auch ganz ehrlich sein. Momentan wäre es schwierig, einen Welpen zu kaufen, denn wie manche wissen, gab es vor Ostern bei uns eine Firmendurchsuchung, weil wir unseren Kräuterprodukten eine Heilwirkung zuschrieben. Das machen zwar andere auch, aber an uns wollte man nun halt ein Exempel statuieren und vielleicht stecken dahinter auch noch üblere Absichten von jemandem, der unsere Existenz gefährden wollte und uns anzeigte.

 

Dazu kommt, dass wir seit sieben Jahren um unseren Schadensersatzanspruch kämpfen und sehr viel Geld in Expertisen, Gerichtskosten und Anwaltshonorare investieren müssen – Recht zu bekommen ist leider keine Frage des Rechthabens, sondern der finanziellen Mittel, die man aufwendet, um die besseren Argumente zu haben. Nachdem der Streitwert aber im hohen sechsstelligen Bereich liegt, sind auch die Kosten, die man vorstrecken muss, um überhaupt eine Klage erheben zu können, eine Last, die wir tragen können müssen.

 

Wie auch immer – noch gibt es keine Nachricht, was im Fall des Vorwurfs wegen des Verstoßes gegen das Medikamentegesetz weiter passiert, aber der Fall liegt bei der Staatsanwaltschaft und man drohte uns jeweils eine Strafe im höheren vierstelligen Bereich an. Dazu kommt, dass sowohl die Zeit, in der wir um die Bommeline kämpften, als auch die Zeit, in der wir keinen finanziellen Aufwand scheuten, um Elvis gesundheitliche Probleme zu lindern, sehr kostenintensiv war.

 

Vor allem aber ist es uns wichtig zu wissen, dass wir uns nicht auf die äußersten Äste unserer Reserven setzen – wir haben die Verantwortung für 10 Pferde, vier Katzen, zwei Vögel und müssen diesen Tieren garantieren können, dass wir immer in der Lage sein werden, ihr Wohlbefinden zu sichern. Die monatlichen Kosten für unsere Menagerie sind auch problemlos zu decken, aber große Reserven gibt es momentan nicht mehr und es ist auch nicht so leicht, die anzulegen, wenn man nicht weiß, welche Kosten noch in unsere Schadensersatzklage fließen und in welcher Höhe sich die Kosten bewegen, die eventuell noch auf uns zukommen, wenn die Klage wegen des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz wirksam wird.

 

Insofern passen größere Ausgaben, die unsere Reserven angreifen, momentan eigentlich nicht ins Budget.

 

Darum war es auch Michas Vorschlag, erst mal ein Hundemädchen auszusuchen, um dann, wenn wir unsere Reserven wieder gut gefüllt haben, das zweite Hundemädchen einziehen zu lassen.

 

Trotzdem müssten wir aber auch bei einem Welpenpreis von 1200 bis 1500 € momentan unsere eisernen Reserven angreifen … und davor habe ich wirklich Angst, denn ich möchte keinem Tier sagen, dass ich eventuelle Kosten, die seiner Gesundheit dienen, nicht bezahlen kann, weil die in Form eines Hundes auf dem Sofa liegen.

 

Bislang musste ich mir noch nie den Vorwurf machen, dass ich unseren Tieren nicht alles ermöglichte, damit sie sich wohl fühlen und es ihnen gut geht oder dass ich an ihnen sparte – das soll so bleiben.

 

Die Idee, einen Leonberger Nothund aufzunehmen, der auch für uns bezahlbar ist, ohne dass es an die Reserven geht, scheiterte leider. Mal war jemand schneller oder der geeignetere neue Besitzer, mal überwog die Sorge, dass wir uns mit dem Entscheid für einen Hund aus einer Dissidenz oder Vermehrungszucht nicht glücklich machen. Zwar vertrat ich stets die Meinung, dass Dissidenzzucht nicht zwingend schlechter sein muss, als eine Zucht unter der VDH-Flagge und wir hatten ja auch mit unserem Lieschen ein „Kind der ungewollten Liebe“ zu uns genommen und sind mit ihr 15 Jahre lang glücklich gewesen, aber nachdem der Züchter von Elvis auf meine Nachfrage, ob er denn seine Zuchthunde auf LPN1 und LPN2 testen lässt, bevor er einen Wurf plant erklärte, dass seine Hunde HD-frei sind und das Risiko der LPN vom VDH sowieso nur hochgespielt wird, möchte ich zumindest die Sicherheit von VDH-Papieren für mich haben, dass wenn ein Leo bei uns einzieht, der nicht unter der Genmutation leidet. Ich will gar nicht behaupten, dass es nicht auch Dissidenzzüchter gibt, denen die Gesundheit ihrer Hunde wichtig ist oder dass ein Mischling nicht sogar gesunder und langlebiger sein kann, wie ein Rassehund, aber es wäre für mich durchaus beruhigend zu wissen, dass meine Chance mit meinem Leo den siebten oder vielleicht sogar den achten, neunten, zehnten und mit Glück sogar noch weitere Geburtstage feiern darf, wahrscheinlich wird, wenn zum einen die LPN-Genutation ausgeschlossen werden kann und zum anderen das Wissen, dass die Ahnen nicht schon so jung wie meine Leos über die Regenbogenbrücke gehen mussten, meine Hoffnung nährt, dass über unserem Glück nicht das Damoklesschwert ererbter Krankheiten schwebt. Auszuschließen wird das nie sein … aber es scheint mir wahrscheinlicher, dass vererbliche Krankheiten in der Dissidenzzucht oder vollkommen unkontrollierter Leonbergervermehrung weiter gegeben werden, als bei einer VDH-Zucht.

 

Ich möchte an dieser Stelle auch nicht zu einer weiteren Diskussion über den gerechtfertigten Preis eines Leonbergers aufrufen – ein Leo ist ganz sicher auch 1400 oder 1500 € wert, aber für uns bedeutet das momentan, dass zwischen uns und dem Leoglück eine für uns noch nicht zu überwindende Summe steht, die wir einfach aus der Verantwortung für unsere Tiere heraus nicht investieren können, ohne zu riskieren, dass sie in einem Notfall vielleicht fehlt.

 

Darum haben wir uns entschieden, einem Langhaarschäferhundmädchen in Not ein Zuhause zu geben, das uns über die Tierschutzorganisation Animals United vermittelt wurde.

Verbena 1

Wenn das nun so klingt, als hätte nicht die Zuneigung, sondern der geringere Preis darüber entschieden, welcher Hund einziehen darf, muss ich das natürlich trotzdem relativieren. Der Preis und der Verstand entschied darüber, momentan keinen Welpen oder Junghund für über 1000 € zu uns zu nehmen, aber selbstverständlich suchte trotzdem das Herz unser neues Hundemädchen aus … nur eben in einem Preisrahmen, der für uns kein Risiko barg, mit dem Kauf eines Hundes an unsere finanziellen Grenzen zu gelangen.

 

Die ersten Fotos von „Verbena“ ließen unsere Herzen bereits überfließen und es bestand auch kein Zweifel, dass ein Hund, mit dem Namen einer Heilpflanze ein Wink des Schicksal sein muss, das „Eisenkräutlein“ zu uns nehmen zu müssen.

 

Die Zeit vor ihrem Einzug füllte ich vor allem damit, für die kleine Maus einzukaufen – was eigentlich die Vorfreude nährte, aber mir eben auch gleichzeitig schmerzlich in Erinnerung rief, dass meinen Sehnen eigentlich einer Leonbergerin gilt, die in ein XL-Geschirr und in ein 65 cm langes Halsband gepasst hätte.

 

Nicht dass ich auf die Idee gekommen wäre, das neue Familienmitglied die Sachen von Elvis, der Bommeline oder Müsli auftragen zu lassen – das Experiment ging einst furchtbar schief, als ich meinem spanischen Hengst einen Kandarenzaum seines Vorgängers Irco anzupassen versuchte, denn es endete mit Heulen und Zähneklappern, weil ich mit diesem Zaum eben immer ein schwarzes Gesicht mit schmaler Blesse verbunden hatte und der Schimmelkopf darin mir schmerzlich bewusst machte, dass die Trense auf dem falschen Pferdekopf sitzt.

Verbena 3

Micha sieht das ein bisschen anders. Er sagt, dass man den Vorgänger ehrt, wenn seine Sachen weiter gebraucht werden und sie einen doch auch an die schönen Momente erinnern und sie darum zu schade sind, sie im Schrank verstauben zu lassen. Aber ich kann das nicht. Elvis Geschirr, an dem noch seine Haare kleben und aus dem ich seinen „Elvis-Geruch“ noch immer einatmen kann, wenn die Sehnsucht nach ihm zu groß wird, um sie aushalten zu können, soll für immer Elvis Geschirr bleiben … und sein Halsband nahm er mit ins Grab.

 

Abgesehen davon hätte aber auch kein Teil der Leos dem Verbenchen gepasst – auch wenn die Vermittlerin meinte, dass Halsbänder und Geschirre doch verstellbar sind. Wobei sie das wohl eher einräumte, um die Mitarbeiter des Tierheims nicht damit belasten zu müssen, den Brust- und Halsumfang von Verbena für meine Einkäufe nachzumessen. Sie hätten dafür keine Zeit, hieß es.

 

Hmmm ja, das mag schon sein, aber wenn man eine Email bekommt, in der steht, dass man Halsband, Leine und Geschirr mitbringen soll, aber die Tierheimmitarbeiter keine Zeit haben, einem passende Längen und Größen durchzugeben, gestaltet sich so ein Einkauf schwierig.

 

Micha meinte, ich müsste doch noch wissen, welche Längen und Größen ich für Anka einkaufte. Ehrlich gesagt, erinnere ich mich daran eigentlich kaum mehr. Ich meine, sie trug ein Halsband in der Länge 50 oder 55 cm, aber da es sich um einen rungenähten Würger (bah – was für ein Wort!) handelte, war bei der Länge auch ein bisschen Spielraum.

 

Aber Anka war – wie man so schön sagt, auch „gut beieinander“ und eine recht kompakte Langhaarschäferhündin mit einer – für einen Schäfi – stattlichen Größe von 65 cm Schulterhöhe.

 

Verbena ist derzeit aber eher schlank und wenn man den schwankenden Angaben (mal steht da Größe 50 bis 55 cm, mal lese ich, dass sie 60 cm groß sei) Glauben schenke, ist sie eher eine kleine Schäferhündin. Gut, man sagte mir zwar auch, dass das Tierheim die Größe eher nach unten schwindelt, weil es leichter ist, kleinere Hunde zu vermitteln, als größere, aber auch der Hinweis half mir nicht wirklich weiter, als ich für sie ein Halsband und ein Geschirr bestellen wollte.

Verbena 2

Der gute Ratschlag, doch zu warten, bis der Hund da ist und man selbst messen kann, war insofern auch fürs Klo, weil ich die Sachen ja zur Abholung mitnehmen muss und am Sonntag Abend nicht mit einem in Strohbänder gewickelten Hund Gassi gehen möchte – das mit den Strohbändern war Micha konstruktiver Vorschlag zur Sache und ich fürchte fast, dass er das ernst meinte, als er mir anbot, dass er in einer Tüte die Plastikstricke gesammelt hat, welche unsere Strohballen zusammen halten und man damit doch ein Notgeschirr basteln könnte. Ich hole aber doch eine Prinzessin nicht mit einem Asylantenoutfit ab!

 

Eine Freundin schlug vor, Halsband und Geschirr in drei Größen zu bestellen und dann die nicht passenden Artikel zurück zu schicken und dann eben nur das Geschirr und das Halsband zu behalten, das sich als richtig un Länge und Größe erweist. Aber wenn man selbst einen Internetshop betreibt, weiß man, wie frustrierend es ist, wenn man retournierte Ware annehmen und Rücküberweisungen tätigen muss – „Was Du nicht willst, was man Dir tu, das füg auch keinem anderen zu!“ Das lehrte mich schon meine Mutter und daran halte ich mich auch. Insofern habe ich dann auch nur ein Halsband und ein Geschirr bestellt.

 

Als die Päckchen ankamen und ich die neue „Prinzessinenausrüstung“ in den Händen hielt, kamen mirt die Sachen aber schon wieder sehr, sehr klein vor. Das Geschirr soll Hunden bis 40 Kg passen. Anka hatte 45 kg und Joe wog sogar 54 kg (der war aber auch 74 cm hoch) und ich bin ziemlich sicher, dass Verbena bestenfalls 35 kg wiegt und das Geschirr passen müsste. Auch das Halsband sieht aus, als würde es einem Hundezwerg passen können, aber theoretisch ist es mit der Größe L angeboten worden. Aber wenn ich daran denke, dass Elvis und Müsli auch die Größe XL zu klein war (der Bommeline passte sie aber) und ich immer nur in speziellen Shops Halsbänder fand, die den Leobuben passten – und dann leider meist auch nicht in großer Modellauswahl vorhanden und eher schlicht gehalten waren – dann relativiert sich die Größe L auch wieder.

 

Zumindest blieben mir beim Kauf des Kong-Teddys und der Futterdummies die Größenüberlegungen erspart, denn da nahm ich einfach die größte Variante (beim Dummi auch noch die Mittlere, aber die Investition ist dabei auch nicht so hoch gewesen, dass ich darüber nachdenken müsste, das Teil zurück zu geben) und hoffe, dass Verbena damit nicht überfordert ist.

 

Aber – und auf die Gefahr mich zu wiederholen, das Einkaufsgefühl war nur bedingt beglückend, weil mir dabei scherzlich bewusst wurde, dass ich diesmal nicht für einen Leo einkaufe.

 

Trotzdem ist es vermutlich gut und richtig, dass nun zuerst wieder ein Langhaarschäferhundmädchen einzieht, bei dem kein Vergleich mit den Leos aufkommen kann. Als Müsli starb, hatte ich ein Dreivierteljahr Zeit, von ihm Abschied zu nehmen und trotzdem musste ich mich immer wieder mahnen, Elvis nicht mit ihm zu vergleichen und fair zu bleiben, indem ich Müsli auf seinem Sockel nicht zum Maß des Idealen machte, an dem sich Elvis hätte messen lassen müssen.

 

Nach Joes Tod verging ein halbes Jahr bis ich überhaupt bereit war, ein neues Herzkämmerchen anzubauen und wieder einen Hundejungen einziehen zu lassen – ich hätte mich aber niemals für einen Langhaarschäferhund entscheiden können, denn an Joes Perfektion wäre der wunderbarste Schäferhund gescheitert … Joes Pfotenspuren waren einfach zu riesig, um sie füllen zu können.

 

Nun ist es umgekehrt … in den Pfotenspuren, die unsere Leos in unseren Herzen und Seelen hinterließen, würde sich jeder neue Leo vermutlich verlieren … das wäre nicht fair.

 

Aber nun ein halbes Jahr oder länger ohne Hund zu leben, damit wir frei vom Schmerz des ganz großen Vermissens ein neues Glück begrüßen könnten, würde vermutlich auch nur bedeuten, dass das Vermissen noch größer würde, weil es ein Glück braucht, um das Vermissen zu heilen.

Verbena 4

Micha und ich sind mit Hunden aufgewachsen, Nixi sowieso. Meine Eltern hatten immer Hunde, meine Großmutter züchtete Schäferhunde, meine Tante Leonberger und als ich zuhause auszog, zog ich bei meinem damaligen Freund ein, der einen Schäferhund hatte und mir später einen Neufimischling schenkte. Als ich dort auszog, hatte ich mir schon einen Welpen reserviert, der zusammen mit mir die neue Wohnung belebte. … ich hatte mein Leben lang keinen Tag ohne einen Hund an meiner Seite verbracht.

 

Als das Lieschen starb, blieb uns Joe, dem wir als Gefährtin Anka zur Seite stellten. Als Joe ging, zog Müsli als Freund für Anka ein. Dann eroberte die Bommeline unser Herz und wir hatten drei Hunde, bis Anka starb. Als wir dann auch noch Müsli gehen lassen mussten, blieb uns unsere Bommeline, die dann mit ihrem King Elvis ein kleines Hunderudel bilden durfte. Als die Bommeline aber ging und Elvis ihr 19 Wochen später folgte, war ich das erste Mal in meinem Leben hundelos und dieses Gefühl war fast so schlimm, wie die Trauer um unsere Hunde, weil ich in eine Leere fiel, die mir das Vermissen schier unerträglich machte. Mein armes Pferd musste dann auch irgendwann am Strick mit mir spazieren gehen, weil mir das Laufen durch den Wald so sehr fehlte, aber das alleine durch den Wald Laufen so schmerzhaft war, dass dabei unentwegt Tränen flossen.

 

Micha war diesbezüglich ein bisschen pragmatischer. Er fand es wichtig, relativ schnell wieder einen Hund einziehen zu lassen, weil wir weit außerhalb der Zivilisation wohnen und einen Hund brauchen, der Einbrecher abschreckt, uns zu besuchen.

 

Während ich noch unsicher war, ob ich mein Herz schon wieder öffnen kann, suchte Micha bereits nach unserem neuen Familienmitglied.

 

Allerdings wusste er ja, dass ich eigentlich am liebsten wieder eine Leoline wählen würde, aber die einzige Hündin, die preislich für uns in Frage kam, war bereits reserviert und die Alternative, eine 18 Monate alte Hündin für 1.200 Euro zu kaufen, überschritt unser Budget.

 

Leomischlinge oder Leos aus Dissidenzzuchten kamen, wie bereits beschrieben, nicht in Frage und so wertete ich das als Wink des Schicksals, dass es einfach noch nicht sein soll, dass mein Glück in Form einer Leonbergerin bei uns einzieht und bot Micha und Nixi an, dass sie sich eine Schäferhündin aussuchen dürfen.

 

Ganz so leicht wie gedacht, war das auch nicht – obwohl wir in unserer Kundschaft viele Tierschützer oder Mitglieder von Tierschutzorganisationen haben, die, als sie erfuhren, dass wir keinen Hund mehr haben, uns gleich mit Angeboten überschütteten.

 

Jeder dieser Hunde hatte es sicher verdient, ein Zuhause bei uns zu bekommen, aber mal passte es optisch nicht, mal mochten die Kandidaten Katzen zum Fressen gern, mal war ein ausgeprägter Jadtrieb ein unüberwindbares Hindernis. Vor allem aber hatten wir uns entschlossen, entweder einer Langhaarschäferhündin oder einer Leoline ein Zuhause zu geben und die wenigen Langhaarschäferhunde, die zur Auswahl standen, waren entweder schon so HD-geschädigt, dass eine zeitnahe OP angeraten wurde (dass der Hund trotzdem 450 € kosten sollte, erstaunte uns umso mehr) oder sie waren schon älter als sieben Jahre. Natürlich wurden unsere Schäferhunde alle über 10 Jahre alt und das Lieschen feierte sogar seinen 15. Geburtstag mit uns, Joe war über 13, als er starb. Somit wäre uns vielleicht trotzdem noch mehr Zeit mit einem sieben Jahre alten Schäferhund geblieben, als mit Müsli oder Elvis.

 

Micha fand aber, dass fünf Jahre die Obergrenze sein sollte, weil er nach all dem Abschiednehmen nicht in Kürze wieder einen Hund betrauern wollte.

 

Eine Bekannte wollte uns dann einen Mischling zwischen einem Groenendael und einem Collie vermitteln, aber zum einen handelte es sich um einen Rüden, zum anderen waren mir Belgische Schäferhunde schon immer zu hektisch … ich war ganz sicher, dass mir das Vermissen der Leogelassenheit dann noch schmerzlicher auffallen würde.

 

Schlussendlich bekamen wir den Tipp, dass in den Kleinanzeigen eine fast schwarze, fünf Jahre alte Langhaarschäferhündin über die Tierschutzorga Animals United angeboten wird.

 

Wir folgten dem Link und waren spontan verliebt in die zauberhafte Schwarze.

 

Also antworteten wir auf die Anzeige, denn eine Telefonnummer gab es nicht.

 

Einen Tag später erhielt ich eine Email, in der mir der Anruf einer Mitarbeiterin angekündigt wurde und als sie anrief, erfuhren wir, dass der Hund derzeit gar nicht in der Nähe von Nienburg zuhause ist, sondern in einem ungarischen Tierheim sitzt … Micha und ich gerieten in einen echten Gewissenskonflikt, denn im Grundsatz vertreten wir beide die Meinung, dass die Tierheime in Deutschland genug Tierelend beherbergen und man keine Hunde aus dem Ausland ins Land holen muss. Außerdem wollten wir auch nach ettlichen negativen Erfahrungen mit Tierheimen, definitiv keinen Tierheimhund adoptieren.

 

Aber was will der Verstand noch ausrichten, wenn das Herz bereits entschieden hat und Micha „sein Krümchelchen“ bereits verteidigte, als gelte es, sie vor bösen Dämonen zu beschützen und nicht nur vor meinem Einwand, dass das ja wohl definitiv all unseren Vorsätzen widerspricht.

 

Schlussendlich gewann das Herz. Aber es musste ziemlich stark sein und noch einmal gegen den vernünftigen Verstand kämpfen, als ich auf der ungarischen Tierheimseite las, dass Verbena positiv auf kardiovaskuläre Dirofilariose getestet wurde – was bedeutet, dass Verbena mit Herzwürmern befallen ist.

 

Wenn man deutsche Tierärzte dazu befragt, dann raten die dringend ab, einen Hund, der infiziert ist, zu adoptieren. Tierärzte in Mittelmeerländern sehen das Problem deutlich entspannter, denn sie behandeln so viele Hunde erfolgreich gegen Dirofilarien, dass ihnen diese umfangreiche Erfahrung die Sicherheit gibt, dass der Kampf mit den entsprechenden Medikamenten den Weg zum gesunden Hund ebnet.

 

Ich gebe aber zu, dass ich durchaus mit mir rang, ob ich bei meinem „Ja!“ zu Verbena bleibe, nachdem von Symptomen wie Atemnot, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, chronischer Husten, Leistungsabfall und Müdigkeit geschrieben wird und ich dabei quasi ein Déjà-vu erlebte. Aber Micha meinte, dass das wäre, als würden wir sie verstoßen, nachdem man ihr schon gesagt hatte, dass ihre Menschen in Deutschland schon auf sie warten und sie ein schönes neues Zuhause bekommt.

 

Also bleiben wir beim Ja zu Verbena, aber ich bat zumindest darum, dass die Behandlung sofort eingeleitet wird, damit zumindest keine Zeit versäumt wird, dem Herzwurmbefall Herr zu werden.

 

Aber für uns bedeutet die Zusage an Verbena trotzdem, nun weiterhin jeden Monat beim Tierarzt Medikamente und Tests bezahlen zu müssen und zu hoffen, dass die Behandlung komplikationslos bleibt und nicht doch noch eine operative Entfernung der Würmer aus dem Herzen notwendig wird. Meine Hoffnung, dass der Sparstrumpf zunimmt und ich eine Reserve für einen Leowelpen schaffen kann verlagert sich aktuell wieder auf einen Lottogewinn … viel Glück hatten wir bislang bei der Strategie allerdings nicht.

 

Vielleicht wird der Himmlische uns das auf unsere Guthaben-Punkteliste setzen und wir sammeln „gutes Karma“ damit, dass wir nun für Verbenas Gesundheit kämpfen und mein Wunschleo damit vermutlich noch ein bisschen nach hinten rückt.

 

Zuerst einmal werden wir Verbena morgen auf dem Kinder-und Tierschutz-Hof Hahnenberg in Landesbergen abholen und hoffen, dass der Transport aus Ungarn einigermaßen pünkltlich eintrifft, weil ich sonst vielleicht noch auf die Idee komme, ein paar andere Tiere zu adoptieren, die dort auf ein neues Zuhause hoffen 😉 Das ist – vermute ich mal – auch Michas Sorge, denn er meinte, dass er sich den Tierschutzhof lieber nicht so lange und genau anschauen mag.

 

Nachdem für morgen 30 Grad gemeldet wurden, sind meine Bedenken eher, wie die Hunde den langen Transport überstanden haben und vorsichtshalber habe ich gestern noch eine Hundekühldecke gekauft, die zum Temperaturausgleich eine selbstkühlende Geleinlage hat.

 

Micha schüttelte zu der Anschaffung auch nur den Kopf – das lässt mich befürchten, dass er auch die Idee mit den Strohschnüren durchaus umgesetzt hätte 🙂

 

So – und das ist Verbena, die Micha und Nixi bereits in „Krümchelchen“ umgetauft haben.

 

Eure Sabine Bröckel – Kräuterbine 🙂

3 Kommentare zu „Verbena alias Krümelchen“

  1. Oh sie ist ja schon bei Euch euer Kräuterkrümmelchen. Das sie eure Herzen erobert hat kann ich super gut verstehen. Dieser Blick geht durch und durch. Ich bin eigentlich kein Schäferhundfan, aber sie dürfte sofort einziehen 😉 Wünsche Euch eine wunderschöne Zeit mit ihr und ein gefühlvolles kennen lernen.

    1. Danke Ihr Lieben für Eure einfühlsamen und positiven Kommentare zu unserer ungarischen Prinzessin oder müsste ich – um in ihrer Sprache zu bleiben – sie als hercegnő bezeichnen? 😉
      Wobei sie genau genommen schon auf dem Weg zur „Königin Verbena“ ist – lediglich den Titel „Kaiserin vom Forsthof“ hat unsere Bommeline mit ins Grab genommen und der „König vom Forsthof starb mit Elvis, aber in den eigentlich wenigen Tagen, in denen die Krümeline Fusseline nun zu unserer Familie gehört (dabei kommt es uns so vor, als wäre sie immer schon da gewesen), wächst das Gefühl, dass da irgendeine Verbindung zu unseren Seelenhunden jenseits der Regenbogenbrücke besteht. In Verbena entdecken wir immer mehr Charakterzüge, die wir so sehr vermissten, nachdem wir unser Leopärchen so kurz nacheinander gehen lassen mussten. Insofern sind wir sicher, Verbena ist „inspired by Bommeline und Elvis“.

      Ich könnte über unsere Csárdás Prinzessin auch bereits wieder ein Buch schreiben – Euch wird hier der Lesestoff also ganz sicher nicht ausgehen, wenn Ihr Verbenas Geschichten treu bleiben mögt.

      Nur soviel sei aber vorab schon verraten, liebe Birte: Verbena ist gar kein Schäferhund, sondern ein Chodský pes – aber dazu dann mehr im nächsten Blogeintrag 😉
      Und an Dich liebe Caro sende ich alle guten Gedanken für Deine Anu.

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