Was ist Fruganismus?

Wikipedia, die freie Enzyklopädie erklärt den Veganismus wie folgt:

Frutarier (von englisch Fruitarian, Kunstwort aus fruit „Frucht“ und vegetarian „Vegetarier“), auch Fruitarier, Fructarier, Frutaner, Fruitaner oder Fruganer genannt, sind Menschen, die eine streng vegetarische (vegane) Ernährungsweise auf der Basis von Früchten befolgen. Diese Ernährungsweise wird als Fruitarismus oder Fruganismus bezeichnet. Nach der Einschätzung des Vorsitzenden des Vegetarierbundes Deutschland Thomas Schönberger gibt es in Deutschland nur eine sehr kleine Gruppe von Frutariern.

Quelle http://de.wikipedia.org/wiki/Frutarier

Im Prinzip erweitert sich damit das Spektrum des Veganers, dessen Intention es ist, die Tiere als gleichwertige Mitgeschöpfe zu achten und sie weder für die Bedürfnisse von uns Menschen zu töten, noch sie dafür leiden zu lassen und sie auch nicht dafür auszubeuten beim Fruganismus um den Bereich der Pflanzen, die der Frutarier ebenfalls als Mitgeschöpf respektiert und somit primär nicht tötet, um sein Bedürfnis nach Nahrung zu stillen, beziehungsweise im strengeren Sinn auch nicht verletzt, um ihr keinen Schaden zuzufügen.

Anders wie beim Veganismus ist aber beim Fruganismus das Profil, das ein Frutarier erfüllen sollte, um sich Frutarier nennen zu dürfen, nicht so deutlich und klar abgesteckt, wie beim Veganismus, bei dem die Verwendung jedweder tierischen Produkte strikt abgelehnt wird, denn jedwede, auf Pflanzen basierenden Produkte strikt zu meiden, würde bedeuten, dass man eigentlich außer mineralischer Kost gar nichts mehr essen darf.

Dass aber die Bezeichnung „Frutarier“ oder englisch „frutarian“, die laut Merriam-Webster´s Collegiate Dictionary im Jahr 1893 entstand und sich als „person, who lives on fruit“, definiert, schon die Frucht als Nahrungsquelle beinhaltet, lässt bereits darauf schließen, dass Obst auf dem Speisezettel des Frutariers eine primäre Rolle spielt.

Nun ernähren sich aber die meisten Frutarier nicht ausschließlich von Früchten, sondern eher generell von pflanzlicher Kost, die aber – und das ist die Grundlage des Fruganismus – nur unter der Voraussetzung gegessen wird, dass die Pflanzen, von denen die Früchte, das Gemüse, die Nüsse oder die Saaten stammen, bei der Ernte derselben nicht beschädigt werden muss, um von ihr ein Lebensmittel zu gewinnen.

Das wiederum bedeutet, dass Pflanzen, deren Wurzel zum Zweck der Verwendung als Nahrung ausgegraben wird, wie das bei Möhren oder Kartoffeln der Fall ist, vom Verzehr ausgeschlossen sind, weil man damit die Existenz der Pflanze vernichtet und sie „tötet“, denn verbleibt keine Kartoffel im Boden, wird aus der Erde, aus der man sie herausholte, auch keine mehr nachwachsen, während ein Tomatenstrauch immer wieder Früchte tragen wird, solange man diese nur pflückt und den Strauch oder seine Wurzel nicht verletzt – genauso wie eben auch die Halme von Gras nicht sterben und vergehen, wenn die Tiere sie abweiden, sondern immer wieder nachwachsen.

Auf dieser Regel basierend entscheiden sich viele Frutarier dafür, alle unter der Erde verborgenen Teile der Pflanze als Lebensmittel zu meiden und nur die „Lichtnahrung“ zu nutzen, welche man solche bezeichnet, weil sie vom Licht des Tages oder der Sonne beschienen und von ihm zum steten Wachsen angeregt wird und somit auch sichtbar für uns ist. Was also über der Erde im Licht wächst, zeigt sich dieser Gruppe der Frutarier als Nahrung und darf – solange die Pflanze bei der Ernte nicht so verletzt wird, dass sie nicht weiter- oder nachwachsen könnte, auch gegessen werden.

Ganz so leicht machen es sich aber die strikten Frutarier nicht, die wirklich nur Fallobst essen, das der Baum freiwillig hergibt und sich einen Vorrat davon einfrieren müssen, um auch in der Zeit außerhalb der Fruchtreife Nahrung zu erhalten.

fruganismus

Etwas weniger strenge Regeln befolgen die Vertreter dieser Lebensphilosophie, deren Essen durchaus auch aus einer Ernte stammen darf, die der Pflanze kein Leid zufügte.

Schwierig wird es bei der Definition, wann eine Pflanze verletzt wird und inwiefern ein Leiden damit verbunden ist, denn ob ein Grashalm Schmerzen empfindet, wenn man ihn abmäht, weiß wohl keiner sicher. Dass er aber nachwächst bedeutet vermutlich, dass ihn das Abschneiden nicht tötet und er vielleicht vergleichbar mit Haaren, deren Kürzung ja auch nicht schmerzhaft ist, keinen bleibenden Schaden dabei erfährt.

Allerdings sehen nicht alle Frutarier das so. Bei manchen nämlich gilt es bereits als „Verletzen einer Pflanze“, wenn man ihre Blätter entfernt, um diese dann zum Beispiel als Salat zuzubereiten und auch der Verzehr von Gemüsepflanzen ist damit umstritten, weil man zum Beispiel Blumenkohl abschneidet, wenn man ihn als Nahrung nutzen möchte.

Vielfach wird auch das Essen von Getreide abgelehnt, aber das Verwenden von Saaten oder pflanzlichen Ölen toleriert. Ob das einen Widerspruch gegen die Intention, dass keine Pflanze der Nahrung dienen soll, die durch die Ernte Schaden erleidet, in sich birgt, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden, aber in der Regel wird es für das eingeschränkte Wohlbefinden der Pflanze keinen Unterschied machen, ob man sie nun wegen ihrer Ähren abschneidet, aus denen man die Saat drischt, um daraus Mehl oder andere Weizen-, Hafer-, Roggen,-, Dinkel oder Hirse-Produkte herzustellen, beziehungsweise Reis zu ernten oder ob man die Saat des Leinsamens oder des Rapses der Ölgewinnung zuführt. Vermutlich werden auch Sonnenblumen nicht von Hand von ihren Kernen befreit, um die Blume nicht pflücken zu müssen, sondern die gesamte Pflanze zu diesem Zweck abgemäht.

In Frage steht aus diesem Grund auch die Verwendung von Sojabohnen als Nahrungsmittel für Frutarier, denn auch hier bleibt die Pflanze nicht unbeschädigt bei der Erde, auch wenn die Wurzel nicht verletzt würde.

Schwierig zu beurteilen ist es auch, dass laut dem Handbook of Pediatric Nutrition teilweise von Frutariern als „ zum Verzehr erlaubt“, Getreidekeimlinge genannt werden, denn die Ernte der Samen ist nicht anders als wenn aus ihnen Getreideprodukte hergestellt werden sollen und darüber hinaus definiert sich der aus der Saat bereits wachsende Trieb sogar bereits als Leben, denn sonst wäre keine Weiterentwicklung zur Pflanze möglich – ein Vergleich zum befruchteten Hühnerei böte sich hier an, denn sobald ein Lebewesen, gleich ob Tier oder Pflanze entsteht, wird dann seine Existenz vernichtet, wenn man es isst … man tötet damit also ein werdendes Mitgeschöpf.

Wird also unter dem ethischen Aspekt der Verzehr von Getreide abgelehnt, obwohl die Samen noch keinen Keimling hervorbrachten und nur mit der Begründung, dass die Pflanze bei der Ernte verletzt wird, dann müssten auch Sprossen als Nahrung ein Tabu sein.

Sabine Bröckel- Copyright © 2022